Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Gleich einige Wochen nach seiner Ankunft hielt
er um sie an: und sie ward ihm versprochen, und
mußte drein willigen; ob er gleich schon in die
Vierzig, sie erst mannbar ist, und ihn nicht
leiden kann; aber er hat seine großen Besitzun-
gen bey seiner Statthalterschaft in Kandia noch
reichlich vermehrt mit Grausamkeiten und Erpres-
sungen, und Unterschleiffen in Verhandlungen
mit den Türken, steht in großem Ansehn; und
ihre Familie, obgleich bemittelt, bedarf doch
wegen ihrer Brüder einer solchen Verwandschaft.
Unser Liebesknoten schlang sich dadurch nur fester;
jedoch drohte das nahe Hagelwetter in der Ferne,
die Blumen aller unsrer Freuden zu zerschlagen."

Mein Aufenthalt diesen Sommer hier am
Lago in kurzen Lustreisen von Venedig aus war
schon beschlossen, eh ich mit dir bekannt wurde;
und dein Antrag mit dir zu ziehen, setzte mich
anfangs in Verlegenheit: allein ich wußte nun
der Sache keinen bessern Raht. Auch Cäcilia,

die

Gleich einige Wochen nach ſeiner Ankunft hielt
er um ſie an: und ſie ward ihm verſprochen, und
mußte drein willigen; ob er gleich ſchon in die
Vierzig, ſie erſt mannbar iſt, und ihn nicht
leiden kann; aber er hat ſeine großen Beſitzun-
gen bey ſeiner Statthalterſchaft in Kandia noch
reichlich vermehrt mit Grauſamkeiten und Erpreſ-
ſungen, und Unterſchleiffen in Verhandlungen
mit den Tuͤrken, ſteht in großem Anſehn; und
ihre Familie, obgleich bemittelt, bedarf doch
wegen ihrer Bruͤder einer ſolchen Verwandſchaft.
Unſer Liebesknoten ſchlang ſich dadurch nur feſter;
jedoch drohte das nahe Hagelwetter in der Ferne,
die Blumen aller unſrer Freuden zu zerſchlagen.”

Mein Aufenthalt dieſen Sommer hier am
Lago in kurzen Luſtreiſen von Venedig aus war
ſchon beſchloſſen, eh ich mit dir bekannt wurde;
und dein Antrag mit dir zu ziehen, ſetzte mich
anfangs in Verlegenheit: allein ich wußte nun
der Sache keinen beſſern Raht. Auch Caͤcilia,

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="122"/>
Gleich einige Wochen nach &#x017F;einer Ankunft hielt<lb/>
er um &#x017F;ie an: und &#x017F;ie ward ihm ver&#x017F;prochen, und<lb/>
mußte drein willigen; ob er gleich &#x017F;chon in die<lb/>
Vierzig, &#x017F;ie er&#x017F;t mannbar i&#x017F;t, und ihn nicht<lb/>
leiden kann; aber er hat &#x017F;eine großen Be&#x017F;itzun-<lb/>
gen bey &#x017F;einer Statthalter&#x017F;chaft in Kandia noch<lb/>
reichlich vermehrt mit Grau&#x017F;amkeiten und Erpre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ungen, und Unter&#x017F;chleiffen in Verhandlungen<lb/>
mit den Tu&#x0364;rken, &#x017F;teht in großem An&#x017F;ehn; und<lb/>
ihre Familie, obgleich bemittelt, bedarf doch<lb/>
wegen ihrer Bru&#x0364;der einer &#x017F;olchen Verwand&#x017F;chaft.<lb/>
Un&#x017F;er Liebesknoten &#x017F;chlang &#x017F;ich dadurch nur fe&#x017F;ter;<lb/>
jedoch drohte das nahe Hagelwetter in der Ferne,<lb/>
die Blumen aller un&#x017F;rer Freuden zu zer&#x017F;chlagen.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Mein Aufenthalt die&#x017F;en Sommer hier am<lb/>
Lago in kurzen Lu&#x017F;trei&#x017F;en von Venedig aus war<lb/>
&#x017F;chon be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, eh ich mit dir bekannt wurde;<lb/>
und dein Antrag mit dir zu ziehen, &#x017F;etzte mich<lb/>
anfangs in Verlegenheit: allein ich wußte nun<lb/>
der Sache keinen be&#x017F;&#x017F;ern Raht. Auch Ca&#x0364;cilia,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0128] Gleich einige Wochen nach ſeiner Ankunft hielt er um ſie an: und ſie ward ihm verſprochen, und mußte drein willigen; ob er gleich ſchon in die Vierzig, ſie erſt mannbar iſt, und ihn nicht leiden kann; aber er hat ſeine großen Beſitzun- gen bey ſeiner Statthalterſchaft in Kandia noch reichlich vermehrt mit Grauſamkeiten und Erpreſ- ſungen, und Unterſchleiffen in Verhandlungen mit den Tuͤrken, ſteht in großem Anſehn; und ihre Familie, obgleich bemittelt, bedarf doch wegen ihrer Bruͤder einer ſolchen Verwandſchaft. Unſer Liebesknoten ſchlang ſich dadurch nur feſter; jedoch drohte das nahe Hagelwetter in der Ferne, die Blumen aller unſrer Freuden zu zerſchlagen.” Mein Aufenthalt dieſen Sommer hier am Lago in kurzen Luſtreiſen von Venedig aus war ſchon beſchloſſen, eh ich mit dir bekannt wurde; und dein Antrag mit dir zu ziehen, ſetzte mich anfangs in Verlegenheit: allein ich wußte nun der Sache keinen beſſern Raht. Auch Caͤcilia, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/128
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/128>, abgerufen am 23.11.2024.