Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermährchen. Hamburg, 1844."Doch sprich, wie kam der Gedanke dir Zu reisen nach dem Norden In solcher Jahrzeit? Das Wetter ist Schon winterlich geworden!" O, meine Göttin! -- erwiederte ich -- Es schlafen tief im Grunde Des Menschenherzens Gedanken, die oft Erwachen zur unrechten Stunde. Es ging mir äußerlich ziemlich gut, Doch innerlich war ich beklommen, Und die Beklemmniß täglich wuchs -- Ich hatte das Heimweh bekommen. Die sonst so leichte französische Luft,
Sie fing mich an zu drücken; Ich mußte Athem schöpfen hier In Deutschland, um nicht zu ersticken. „Doch ſprich, wie kam der Gedanke dir Zu reiſen nach dem Norden In ſolcher Jahrzeit? Das Wetter iſt Schon winterlich geworden!“ O, meine Göttin! — erwiederte ich — Es ſchlafen tief im Grunde Des Menſchenherzens Gedanken, die oft Erwachen zur unrechten Stunde. Es ging mir äußerlich ziemlich gut, Doch innerlich war ich beklommen, Und die Beklemmniß täglich wuchs — Ich hatte das Heimweh bekommen. Die ſonſt ſo leichte franzöſiſche Luft,
Sie fing mich an zu drücken; Ich mußte Athem ſchöpfen hier In Deutſchland, um nicht zu erſticken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0140" n="120"/> <lg n="8"> <l>„Doch ſprich, wie kam der Gedanke dir</l><lb/> <l>Zu reiſen nach dem Norden</l><lb/> <l>In ſolcher Jahrzeit? Das Wetter iſt</l><lb/> <l>Schon winterlich geworden!“</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>O, meine Göttin! — erwiederte ich —</l><lb/> <l>Es ſchlafen tief im Grunde</l><lb/> <l>Des Menſchenherzens Gedanken, die oft</l><lb/> <l>Erwachen zur unrechten Stunde.</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Es ging mir äußerlich ziemlich gut,</l><lb/> <l>Doch innerlich war ich beklommen,</l><lb/> <l>Und die Beklemmniß täglich wuchs —</l><lb/> <l>Ich hatte das Heimweh bekommen.</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Die ſonſt ſo leichte franzöſiſche Luft,</l><lb/> <l>Sie fing mich an zu drücken;</l><lb/> <l>Ich mußte Athem ſchöpfen hier</l><lb/> <l>In Deutſchland, um nicht zu erſticken.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0140]
„Doch ſprich, wie kam der Gedanke dir
Zu reiſen nach dem Norden
In ſolcher Jahrzeit? Das Wetter iſt
Schon winterlich geworden!“
O, meine Göttin! — erwiederte ich —
Es ſchlafen tief im Grunde
Des Menſchenherzens Gedanken, die oft
Erwachen zur unrechten Stunde.
Es ging mir äußerlich ziemlich gut,
Doch innerlich war ich beklommen,
Und die Beklemmniß täglich wuchs —
Ich hatte das Heimweh bekommen.
Die ſonſt ſo leichte franzöſiſche Luft,
Sie fing mich an zu drücken;
Ich mußte Athem ſchöpfen hier
In Deutſchland, um nicht zu erſticken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeBei der für das DTA zugrunde gelegten Ausgabe aus… [mehr] Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |