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Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermährchen. Hamburg, 1844.

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Ach! meine Seele ward betrübt
Wie des Odysseus Seele,
Als er gehört, daß Polyphem
Den Felsblock schob vor die Höhle.
Es trat an den Wagen ein Corporal
Und frug uns: wie wir hießen?
Ich heiße Niemand, bin Augenarzt
Und steche den Staar den Riesen.
Im Wirthshaus ward mir noch schlimmer zu Muth,
Das Essen wollt mir nicht schmecken.
Ging schlafen sogleich, doch schlief ich nicht,
Mich drückten so schwer die Decken.
Es war ein breites Federbett,
Gardinen von rothem Damaste,
Der Himmel von verblichenem Gold,
Mit einem schmutzigen Quaste.
Ach! meine Seele ward betrübt
Wie des Odyſſeus Seele,
Als er gehört, daß Polyphem
Den Felsblock ſchob vor die Höhle.
Es trat an den Wagen ein Corporal
Und frug uns: wie wir hießen?
Ich heiße Niemand, bin Augenarzt
Und ſteche den Staar den Rieſen.
Im Wirthshaus ward mir noch ſchlimmer zu Muth,
Das Eſſen wollt mir nicht ſchmecken.
Ging ſchlafen ſogleich, doch ſchlief ich nicht,
Mich drückten ſo ſchwer die Decken.
Es war ein breites Federbett,
Gardinen von rothem Damaſte,
Der Himmel von verblichenem Gold,
Mit einem ſchmutzigen Quaſte.
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[90/0110] Ach! meine Seele ward betrübt Wie des Odyſſeus Seele, Als er gehört, daß Polyphem Den Felsblock ſchob vor die Höhle. Es trat an den Wagen ein Corporal Und frug uns: wie wir hießen? Ich heiße Niemand, bin Augenarzt Und ſteche den Staar den Rieſen. Im Wirthshaus ward mir noch ſchlimmer zu Muth, Das Eſſen wollt mir nicht ſchmecken. Ging ſchlafen ſogleich, doch ſchlief ich nicht, Mich drückten ſo ſchwer die Decken. Es war ein breites Federbett, Gardinen von rothem Damaſte, Der Himmel von verblichenem Gold, Mit einem ſchmutzigen Quaſte.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermährchen. Hamburg, 1844, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_wintermaehrchen_1844/110>, abgerufen am 27.11.2024.