Sie ernsthaft, lachen Sie nicht; sonst werden wir wahrhaftig hinausgeschmissen!
Aber da half kein Bitten und Flehen. Zum Glück verstand man unsre Sprache nicht. Denn als Mylady aufstand, und uns durch das Ge¬ dränge zum Hauptaltar folgte, überließ sie sich ihren tollen Launen, ohne die mindeste Rücksicht, als stünden wir allein auf den Apenninen. Sie moquirte sich über alles, sogar die armen gemal¬ ten Bilder an den Wänden waren vor ihren Pfei¬ len nicht sicher.
Sieh da! rief sie, auch Lady Eva, Geborne von Rippe, wie sie mit der Schlange diskurirt! Es ist ein guter Einfall des Malers, daß er der Schlange einen menschlichen Kopf mit einem menschlichen Gesichte gab; es wäre jedoch noch weit sinnreicher gewesen, wenn er dieses Verfüh¬ rungsgesicht mit einem militärischen Schnurbart verziert hätte. Sehen Sie, Doktor, dort den Engel, welcher der hochgebenedeiten Jungfrau
Sie ernſthaft, lachen Sie nicht; ſonſt werden wir wahrhaftig hinausgeſchmiſſen!
Aber da half kein Bitten und Flehen. Zum Gluͤck verſtand man unſre Sprache nicht. Denn als Mylady aufſtand, und uns durch das Ge¬ draͤnge zum Hauptaltar folgte, uͤberließ ſie ſich ihren tollen Launen, ohne die mindeſte Ruͤckſicht, als ſtuͤnden wir allein auf den Apenninen. Sie moquirte ſich uͤber alles, ſogar die armen gemal¬ ten Bilder an den Waͤnden waren vor ihren Pfei¬ len nicht ſicher.
Sieh da! rief ſie, auch Lady Eva, Geborne von Rippe, wie ſie mit der Schlange diskurirt! Es iſt ein guter Einfall des Malers, daß er der Schlange einen menſchlichen Kopf mit einem menſchlichen Geſichte gab; es waͤre jedoch noch weit ſinnreicher geweſen, wenn er dieſes Verfuͤh¬ rungsgeſicht mit einem militaͤriſchen Schnurbart verziert haͤtte. Sehen Sie, Doktor, dort den Engel, welcher der hochgebenedeiten Jungfrau
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0068"n="54"/>
Sie ernſthaft, lachen Sie nicht; ſonſt werden wir<lb/>
wahrhaftig hinausgeſchmiſſen!</p><lb/><p>Aber da half kein Bitten und Flehen. Zum<lb/>
Gluͤck verſtand man unſre Sprache nicht. Denn<lb/>
als Mylady aufſtand, und uns durch das Ge¬<lb/>
draͤnge zum Hauptaltar folgte, uͤberließ ſie ſich<lb/>
ihren tollen Launen, ohne die mindeſte Ruͤckſicht,<lb/>
als ſtuͤnden wir allein auf den Apenninen. Sie<lb/>
moquirte ſich uͤber alles, ſogar die armen gemal¬<lb/>
ten Bilder an den Waͤnden waren vor ihren Pfei¬<lb/>
len nicht ſicher.</p><lb/><p>Sieh da! rief ſie, auch Lady Eva, Geborne<lb/>
von Rippe, wie ſie mit der Schlange diskurirt!<lb/>
Es iſt ein guter Einfall des Malers, daß er der<lb/>
Schlange einen menſchlichen Kopf mit einem<lb/>
menſchlichen Geſichte gab; es waͤre jedoch noch<lb/>
weit ſinnreicher geweſen, wenn er dieſes Verfuͤh¬<lb/>
rungsgeſicht mit einem militaͤriſchen Schnurbart<lb/>
verziert haͤtte. Sehen Sie, Doktor, dort den<lb/>
Engel, welcher der hochgebenedeiten Jungfrau<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[54/0068]
Sie ernſthaft, lachen Sie nicht; ſonſt werden wir
wahrhaftig hinausgeſchmiſſen!
Aber da half kein Bitten und Flehen. Zum
Gluͤck verſtand man unſre Sprache nicht. Denn
als Mylady aufſtand, und uns durch das Ge¬
draͤnge zum Hauptaltar folgte, uͤberließ ſie ſich
ihren tollen Launen, ohne die mindeſte Ruͤckſicht,
als ſtuͤnden wir allein auf den Apenninen. Sie
moquirte ſich uͤber alles, ſogar die armen gemal¬
ten Bilder an den Waͤnden waren vor ihren Pfei¬
len nicht ſicher.
Sieh da! rief ſie, auch Lady Eva, Geborne
von Rippe, wie ſie mit der Schlange diskurirt!
Es iſt ein guter Einfall des Malers, daß er der
Schlange einen menſchlichen Kopf mit einem
menſchlichen Geſichte gab; es waͤre jedoch noch
weit ſinnreicher geweſen, wenn er dieſes Verfuͤh¬
rungsgeſicht mit einem militaͤriſchen Schnurbart
verziert haͤtte. Sehen Sie, Doktor, dort den
Engel, welcher der hochgebenedeiten Jungfrau
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/68>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.