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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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schöne Krone -- erkennst du mich nicht, mein
Kaiser? Wenn ich dich nicht befreyen kann, so
will ich dich wenigstens trösten, und du sollst je¬
manden um dir haben, der mit dir schwatzt über
die bedränglichste Drangsal, und dir Muth ein¬
spricht, und dich lieb hat, und dessen bester Spaß
und bestes Blut zu deinen Diensten steht. Denn
du, mein Volk, bist der wahre Kaiser, der wahre
Herr der Lande -- dein Wille ist souverain und
viel legitimer als jenes purpurne Tel est notre
plaisir
, das sich auf ein göttliches Recht beruft,
ohne alle andre Gewähr als die Salbadereyen ge¬
schorener Gaukler -- dein Wille, mein Volk, ist
die alleinig rechtmäßige Quelle aller Macht. Wenn
du auch in Fesseln danieder liegst, so siegt doch am
Ende dein gutes Recht, es naht der Tag der Be¬
freyung, eine neue Zeit beginnt -- mein Kaiser,
die Nacht ist vorüber und draußen glüht das Mor¬
genroth.

ſchoͤne Krone — erkennſt du mich nicht, mein
Kaiſer? Wenn ich dich nicht befreyen kann, ſo
will ich dich wenigſtens troͤſten, und du ſollſt je¬
manden um dir haben, der mit dir ſchwatzt uͤber
die bedraͤnglichſte Drangſal, und dir Muth ein¬
ſpricht, und dich lieb hat, und deſſen beſter Spaß
und beſtes Blut zu deinen Dienſten ſteht. Denn
du, mein Volk, biſt der wahre Kaiſer, der wahre
Herr der Lande — dein Wille iſt ſouverain und
viel legitimer als jenes purpurne Tel est notre
plaisir
, das ſich auf ein goͤttliches Recht beruft,
ohne alle andre Gewaͤhr als die Salbadereyen ge¬
ſchorener Gaukler — dein Wille, mein Volk, iſt
die alleinig rechtmaͤßige Quelle aller Macht. Wenn
du auch in Feſſeln danieder liegſt, ſo ſiegt doch am
Ende dein gutes Recht, es naht der Tag der Be¬
freyung, eine neue Zeit beginnt — mein Kaiſer,
die Nacht iſt voruͤber und draußen gluͤht das Mor¬
genroth.

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[323/0337] ſchoͤne Krone — erkennſt du mich nicht, mein Kaiſer? Wenn ich dich nicht befreyen kann, ſo will ich dich wenigſtens troͤſten, und du ſollſt je¬ manden um dir haben, der mit dir ſchwatzt uͤber die bedraͤnglichſte Drangſal, und dir Muth ein¬ ſpricht, und dich lieb hat, und deſſen beſter Spaß und beſtes Blut zu deinen Dienſten ſteht. Denn du, mein Volk, biſt der wahre Kaiſer, der wahre Herr der Lande — dein Wille iſt ſouverain und viel legitimer als jenes purpurne Tel est notre plaisir, das ſich auf ein goͤttliches Recht beruft, ohne alle andre Gewaͤhr als die Salbadereyen ge¬ ſchorener Gaukler — dein Wille, mein Volk, iſt die alleinig rechtmaͤßige Quelle aller Macht. Wenn du auch in Feſſeln danieder liegſt, ſo ſiegt doch am Ende dein gutes Recht, es naht der Tag der Be¬ freyung, eine neue Zeit beginnt — mein Kaiſer, die Nacht iſt voruͤber und draußen gluͤht das Mor¬ genroth.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/337>, abgerufen am 24.11.2024.