Daß die Franzosen mit jener Maschine sogar das Oberhaupt ihres Staates amputirt, ist freylich ent¬ setzlich, und man weiß nicht, ob man sie deshalb des Vatermords oder des Selbstmords beschuldigen soll; aber bey milderungsgründlicher Betrachtung finden wir, daß Ludwig von Frankreich minder ein Opfer der Leidenschaften als vielmehr der Be¬ gebenheiten geworden, und daß diejenigen Leute die das Volk zu solchem Opfer drängten und die selbst, zu allen Zeiten, in weit reichlicherem Maaße, Fürstenblut vergossen haben, nicht als laute Klä¬ ger auftreten sollten. Nur zwey Könige, beide vielmehr Könige des Adels als des Volkes, hat das Volk geopfert, nicht in Friedenszeit, nicht niedriger Interessen wegen, sondern in äußerster Kriegsbedrängniß, als es sich von ihnen verrathen sah, und während es seines eignen Blutes am wenigsten schonte; aber gewiß mehr als tausend Fürsten fielen meuchlings, und der Habsucht oder frivoler Interessen wegen, durch den Dolch, durch
Daß die Franzoſen mit jener Maſchine ſogar das Oberhaupt ihres Staates amputirt, iſt freylich ent¬ ſetzlich, und man weiß nicht, ob man ſie deshalb des Vatermords oder des Selbſtmords beſchuldigen ſoll; aber bey milderungsgruͤndlicher Betrachtung finden wir, daß Ludwig von Frankreich minder ein Opfer der Leidenſchaften als vielmehr der Be¬ gebenheiten geworden, und daß diejenigen Leute die das Volk zu ſolchem Opfer draͤngten und die ſelbſt, zu allen Zeiten, in weit reichlicherem Maaße, Fuͤrſtenblut vergoſſen haben, nicht als laute Klaͤ¬ ger auftreten ſollten. Nur zwey Koͤnige, beide vielmehr Koͤnige des Adels als des Volkes, hat das Volk geopfert, nicht in Friedenszeit, nicht niedriger Intereſſen wegen, ſondern in aͤußerſter Kriegsbedraͤngniß, als es ſich von ihnen verrathen ſah, und waͤhrend es ſeines eignen Blutes am wenigſten ſchonte; aber gewiß mehr als tauſend Fuͤrſten fielen meuchlings, und der Habſucht oder frivoler Intereſſen wegen, durch den Dolch, durch
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Daß die Franzoſen mit jener Maſchine ſogar das
Oberhaupt ihres Staates amputirt, iſt freylich ent¬
ſetzlich, und man weiß nicht, ob man ſie deshalb
des Vatermords oder des Selbſtmords beſchuldigen
ſoll; aber bey milderungsgruͤndlicher Betrachtung
finden wir, daß Ludwig von Frankreich minder
ein Opfer der Leidenſchaften als vielmehr der Be¬
gebenheiten geworden, und daß diejenigen Leute
die das Volk zu ſolchem Opfer draͤngten und die
ſelbſt, zu allen Zeiten, in weit reichlicherem Maaße,
Fuͤrſtenblut vergoſſen haben, nicht als laute Klaͤ¬
ger auftreten ſollten. Nur zwey Koͤnige, beide
vielmehr Koͤnige des Adels als des Volkes, hat
das Volk geopfert, nicht in Friedenszeit, nicht
niedriger Intereſſen wegen, ſondern in aͤußerſter
Kriegsbedraͤngniß, als es ſich von ihnen verrathen
ſah, und waͤhrend es ſeines eignen Blutes am
wenigſten ſchonte; aber gewiß mehr als tauſend
Fuͤrſten fielen meuchlings, und der Habſucht oder
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/325>, abgerufen am 24.11.2024.
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