Wie die Helden der Revoluzion, so hat man die Revoluzion selbst verläumdet, und sie als ein Fürstenschreckniß und eine Volkscheuche dargestellt in Libellen aller Art. Man hat in den Schulen all die sogenannten Greuel der Revoluzion von den Kindern auswendig lernen lassen, und auf den Jahr¬ märkten sah man, einige Zeit, nichts anderes als grellkolorirte Bilder der Guillotine. Es ist freylich nicht zu läugnen, diese Maschine, die ein französi¬ scher Arzt, ein großer Welt-Orthopäde, Monsieur Guillotin, erfunden hat, und womit man die dummen Köpfe von den bösen Herzen sehr leicht trennen kann, diese heilsame Maschine hat man etwas oft angewandt, aber doch nur bey unheil¬ baren Krankheiten, z. B. bey Verrath, Lüge und Schwäche, und man hat die Patienten nicht lang gequält, nicht gefoltert, und nicht gerädert, wie einst tausende und aber tausende Rotüriers und Vilains, Bürger und Bauern, gequält, gefoltert und gerädert wurden, in der guten alten Zeit.
Wie die Helden der Revoluzion, ſo hat man die Revoluzion ſelbſt verlaͤumdet, und ſie als ein Fuͤrſtenſchreckniß und eine Volkſcheuche dargeſtellt in Libellen aller Art. Man hat in den Schulen all die ſogenannten Greuel der Revoluzion von den Kindern auswendig lernen laſſen, und auf den Jahr¬ maͤrkten ſah man, einige Zeit, nichts anderes als grellkolorirte Bilder der Guillotine. Es iſt freylich nicht zu laͤugnen, dieſe Maſchine, die ein franzoͤſi¬ ſcher Arzt, ein großer Welt-Orthopaͤde, Monſieur Guillotin, erfunden hat, und womit man die dummen Koͤpfe von den boͤſen Herzen ſehr leicht trennen kann, dieſe heilſame Maſchine hat man etwas oft angewandt, aber doch nur bey unheil¬ baren Krankheiten, z. B. bey Verrath, Luͤge und Schwaͤche, und man hat die Patienten nicht lang gequaͤlt, nicht gefoltert, und nicht geraͤdert, wie einſt tauſende und aber tauſende Rotuͤriers und Vilains, Buͤrger und Bauern, gequaͤlt, gefoltert und geraͤdert wurden, in der guten alten Zeit.
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Wie die Helden der Revoluzion, ſo hat man
die Revoluzion ſelbſt verlaͤumdet, und ſie als ein
Fuͤrſtenſchreckniß und eine Volkſcheuche dargeſtellt
in Libellen aller Art. Man hat in den Schulen
all die ſogenannten Greuel der Revoluzion von den
Kindern auswendig lernen laſſen, und auf den Jahr¬
maͤrkten ſah man, einige Zeit, nichts anderes als
grellkolorirte Bilder der Guillotine. Es iſt freylich
nicht zu laͤugnen, dieſe Maſchine, die ein franzoͤſi¬
ſcher Arzt, ein großer Welt-Orthopaͤde, Monſieur
Guillotin, erfunden hat, und womit man die
dummen Koͤpfe von den boͤſen Herzen ſehr leicht
trennen kann, dieſe heilſame Maſchine hat man
etwas oft angewandt, aber doch nur bey unheil¬
baren Krankheiten, z. B. bey Verrath, Luͤge und
Schwaͤche, und man hat die Patienten nicht lang
gequaͤlt, nicht gefoltert, und nicht geraͤdert, wie
einſt tauſende und aber tauſende Rotuͤriers und
Vilains, Buͤrger und Bauern, gequaͤlt, gefoltert
und geraͤdert wurden, in der guten alten Zeit.
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/324>, abgerufen am 24.11.2024.
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