Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

der That der einzige Mann von wahrem Genie
im ganzen Divan (Gelächter), und man achtete
ihn als eine Zierde türkischer Staatsleute, da er
auch mit poetischen Talenten begabt war. Der
Kiaya-Bey oder Minister des Innern und der Kapi¬
tan Pascha waren wiederum Gegner der Griechen;
aber der Chorführer der ganzen Opposition gegen
die Rechtsansprüche dieses Volks war der Ober¬
mufti, oder das Haupt des Mahomedanischen Glau¬
bens (Gelächter). Dieser Beamte war ein Feind
jeder Veränderung. Er hatte sich regelmäßig wi¬
dersetzt bey allen Verbesserungen im Handel, bey
allen Verbesserungen in der Justiz, bey jeder Ver¬
besserung in der ausländischen Politik (Gelächter).
Er zeigte und erklärte sich jedesmal als der größte
Verfechter der bestehenden Mißbräuche. Er war
der vollendetste Intriguant im ganzen Divan (Ge¬
lächter). In früherer Zeit hatte er sich für die
Sultanin erklärt, aber er wandte sich gegen sie,
sobald er befürchtete, daß er dadurch seine Stelle

der That der einzige Mann von wahrem Genie
im ganzen Divan (Gelaͤchter), und man achtete
ihn als eine Zierde tuͤrkiſcher Staatsleute, da er
auch mit poetiſchen Talenten begabt war. Der
Kiaya-Bey oder Miniſter des Innern und der Kapi¬
tan Paſcha waren wiederum Gegner der Griechen;
aber der Chorfuͤhrer der ganzen Oppoſition gegen
die Rechtsanſpruͤche dieſes Volks war der Ober¬
mufti, oder das Haupt des Mahomedaniſchen Glau¬
bens (Gelaͤchter). Dieſer Beamte war ein Feind
jeder Veraͤnderung. Er hatte ſich regelmaͤßig wi¬
derſetzt bey allen Verbeſſerungen im Handel, bey
allen Verbeſſerungen in der Juſtiz, bey jeder Ver¬
beſſerung in der auslaͤndiſchen Politik (Gelaͤchter).
Er zeigte und erklaͤrte ſich jedesmal als der groͤßte
Verfechter der beſtehenden Mißbraͤuche. Er war
der vollendetſte Intriguant im ganzen Divan (Ge¬
laͤchter). In fruͤherer Zeit hatte er ſich fuͤr die
Sultanin erklaͤrt, aber er wandte ſich gegen ſie,
ſobald er befuͤrchtete, daß er dadurch ſeine Stelle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0295" n="281"/>
der That der einzige Mann von wahrem Genie<lb/>
im ganzen Divan (Gela&#x0364;chter), und man achtete<lb/>
ihn als eine Zierde tu&#x0364;rki&#x017F;cher Staatsleute, da er<lb/>
auch mit poeti&#x017F;chen Talenten begabt war. Der<lb/>
Kiaya-Bey oder Mini&#x017F;ter des Innern und der Kapi¬<lb/>
tan Pa&#x017F;cha waren wiederum Gegner der Griechen;<lb/>
aber der Chorfu&#x0364;hrer der ganzen Oppo&#x017F;ition gegen<lb/>
die Rechtsan&#x017F;pru&#x0364;che die&#x017F;es Volks war der Ober¬<lb/>
mufti, oder das Haupt des Mahomedani&#x017F;chen Glau¬<lb/>
bens (Gela&#x0364;chter). Die&#x017F;er Beamte war ein Feind<lb/>
jeder Vera&#x0364;nderung. Er hatte &#x017F;ich regelma&#x0364;ßig wi¬<lb/>
der&#x017F;etzt bey allen Verbe&#x017F;&#x017F;erungen im Handel, bey<lb/>
allen Verbe&#x017F;&#x017F;erungen in der Ju&#x017F;tiz, bey jeder Ver¬<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erung in der ausla&#x0364;ndi&#x017F;chen Politik (Gela&#x0364;chter).<lb/>
Er zeigte und erkla&#x0364;rte &#x017F;ich jedesmal als der gro&#x0364;ßte<lb/>
Verfechter der be&#x017F;tehenden Mißbra&#x0364;uche. Er war<lb/>
der vollendet&#x017F;te Intriguant im ganzen Divan (Ge¬<lb/>
la&#x0364;chter). In fru&#x0364;herer Zeit hatte er &#x017F;ich fu&#x0364;r die<lb/>
Sultanin erkla&#x0364;rt, aber er wandte &#x017F;ich gegen &#x017F;ie,<lb/>
&#x017F;obald er befu&#x0364;rchtete, daß er dadurch &#x017F;eine Stelle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0295] der That der einzige Mann von wahrem Genie im ganzen Divan (Gelaͤchter), und man achtete ihn als eine Zierde tuͤrkiſcher Staatsleute, da er auch mit poetiſchen Talenten begabt war. Der Kiaya-Bey oder Miniſter des Innern und der Kapi¬ tan Paſcha waren wiederum Gegner der Griechen; aber der Chorfuͤhrer der ganzen Oppoſition gegen die Rechtsanſpruͤche dieſes Volks war der Ober¬ mufti, oder das Haupt des Mahomedaniſchen Glau¬ bens (Gelaͤchter). Dieſer Beamte war ein Feind jeder Veraͤnderung. Er hatte ſich regelmaͤßig wi¬ derſetzt bey allen Verbeſſerungen im Handel, bey allen Verbeſſerungen in der Juſtiz, bey jeder Ver¬ beſſerung in der auslaͤndiſchen Politik (Gelaͤchter). Er zeigte und erklaͤrte ſich jedesmal als der groͤßte Verfechter der beſtehenden Mißbraͤuche. Er war der vollendetſte Intriguant im ganzen Divan (Ge¬ laͤchter). In fruͤherer Zeit hatte er ſich fuͤr die Sultanin erklaͤrt, aber er wandte ſich gegen ſie, ſobald er befuͤrchtete, daß er dadurch ſeine Stelle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/295
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/295>, abgerufen am 24.11.2024.