oder Schiffchen oder absolute Soldätchen sieht, das aus jenen Zahlen formirt ist, während ein den¬ kender Schulknabe in der Figur selbst vielmehr die Auflösung eines tiefen Rechenexempels erkennen kann. Die Darstellungen Schellings gleichen mehr jenen indischen Thierbildern, die aus allerley ande¬ ren Thieren, Schlangen, Vögeln, Elephanten und dergleichen lebendigen Ingredienzen, durch aben¬ theuerliche Verschlingungen, zusammengesetzt sind. Diese Darstellungsart ist viel anmuthiger, heiterer, pulsirend wärmer, alles darinn lebt, statt daß die abstrakt hegelschen Chiffern uns so grau, so kalt und todt anstarren.
Gut, gut, erwiederte der alte Eydechserich, ich merke schon was Sie meinen; aber sagen Sie mir, haben diese Philosophen viele Zuhörer?
Ich schilderte ihm nun, wie in der gelehrten Caravanserai zu Berlin die Kameele sich sammeln um den Brunnen hegelscher Weißheit, davor nie¬ derknien, sich die kostbaren Schläuche aufladen
oder Schiffchen oder abſolute Soldaͤtchen ſieht, das aus jenen Zahlen formirt iſt, waͤhrend ein den¬ kender Schulknabe in der Figur ſelbſt vielmehr die Aufloͤſung eines tiefen Rechenexempels erkennen kann. Die Darſtellungen Schellings gleichen mehr jenen indiſchen Thierbildern, die aus allerley ande¬ ren Thieren, Schlangen, Voͤgeln, Elephanten und dergleichen lebendigen Ingredienzen, durch aben¬ theuerliche Verſchlingungen, zuſammengeſetzt ſind. Dieſe Darſtellungsart iſt viel anmuthiger, heiterer, pulſirend waͤrmer, alles darinn lebt, ſtatt daß die abſtrakt hegelſchen Chiffern uns ſo grau, ſo kalt und todt anſtarren.
Gut, gut, erwiederte der alte Eydechſerich, ich merke ſchon was Sie meinen; aber ſagen Sie mir, haben dieſe Philoſophen viele Zuhoͤrer?
Ich ſchilderte ihm nun, wie in der gelehrten Caravanſerai zu Berlin die Kameele ſich ſammeln um den Brunnen hegelſcher Weißheit, davor nie¬ derknien, ſich die koſtbaren Schlaͤuche aufladen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0024"n="10"/>
oder Schiffchen oder abſolute Soldaͤtchen ſieht, das<lb/>
aus jenen Zahlen formirt iſt, waͤhrend ein den¬<lb/>
kender Schulknabe in der Figur ſelbſt vielmehr die<lb/>
Aufloͤſung eines tiefen Rechenexempels erkennen<lb/>
kann. Die Darſtellungen Schellings gleichen mehr<lb/>
jenen indiſchen Thierbildern, die aus allerley ande¬<lb/>
ren Thieren, Schlangen, Voͤgeln, Elephanten und<lb/>
dergleichen lebendigen Ingredienzen, durch aben¬<lb/>
theuerliche Verſchlingungen, zuſammengeſetzt ſind.<lb/>
Dieſe Darſtellungsart iſt viel anmuthiger, heiterer,<lb/>
pulſirend waͤrmer, alles darinn lebt, ſtatt daß die<lb/>
abſtrakt hegelſchen Chiffern uns ſo grau, ſo kalt<lb/>
und todt anſtarren.</p><lb/><p>Gut, gut, erwiederte der alte Eydechſerich,<lb/>
ich merke ſchon was Sie meinen; aber ſagen<lb/>
Sie mir, haben dieſe Philoſophen viele Zuhoͤrer?</p><lb/><p>Ich ſchilderte ihm nun, wie in der gelehrten<lb/>
Caravanſerai zu Berlin die Kameele ſich ſammeln<lb/>
um den Brunnen hegelſcher Weißheit, davor nie¬<lb/>
derknien, ſich die koſtbaren Schlaͤuche aufladen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[10/0024]
oder Schiffchen oder abſolute Soldaͤtchen ſieht, das
aus jenen Zahlen formirt iſt, waͤhrend ein den¬
kender Schulknabe in der Figur ſelbſt vielmehr die
Aufloͤſung eines tiefen Rechenexempels erkennen
kann. Die Darſtellungen Schellings gleichen mehr
jenen indiſchen Thierbildern, die aus allerley ande¬
ren Thieren, Schlangen, Voͤgeln, Elephanten und
dergleichen lebendigen Ingredienzen, durch aben¬
theuerliche Verſchlingungen, zuſammengeſetzt ſind.
Dieſe Darſtellungsart iſt viel anmuthiger, heiterer,
pulſirend waͤrmer, alles darinn lebt, ſtatt daß die
abſtrakt hegelſchen Chiffern uns ſo grau, ſo kalt
und todt anſtarren.
Gut, gut, erwiederte der alte Eydechſerich,
ich merke ſchon was Sie meinen; aber ſagen
Sie mir, haben dieſe Philoſophen viele Zuhoͤrer?
Ich ſchilderte ihm nun, wie in der gelehrten
Caravanſerai zu Berlin die Kameele ſich ſammeln
um den Brunnen hegelſcher Weißheit, davor nie¬
derknien, ſich die koſtbaren Schlaͤuche aufladen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/24>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.