cival wäre an der gewöhnlichen Ministerkrankheit gestorben, wenn nicht ein Dolchstoß ihn schneller abgefertigt hätte. Diese Ministerkrankheit war es ebenfalls, was den Lord Castlereagh so zur Ver¬ zweiflung brachte, daß er sich die Kehle abschnitt zu North-Cray in der Grafschaft Kent. Lord Liverpool sank auf gleiche Weise in den Tod des Blödsinns. Canning, den göttergleichen Canning, sahen wir vergiftet von hochtorieschen Verläumdun¬ gen, gleich einem kranken Atlas, unter seiner Weltbürde niedersinken. Einer nach dem An¬ dern werden sie eingescharrt in Westminster, die armen Minister, die für Englands Könige Tag und Nacht denken müssen, während diese, gedan¬ kenlos und wohlbeleibt, dahinleben bis ins höchste Menschenalter.
Wie heißt aber die große Sorge, die Eng¬ lands Ministern Tag und Nacht im Gehirne wühlt und sie tödtet? Sie heißt: the debt, die Schuld.
Schulden, eben so wie Vaterlandsliebe, Reli¬
cival waͤre an der gewoͤhnlichen Miniſterkrankheit geſtorben, wenn nicht ein Dolchſtoß ihn ſchneller abgefertigt haͤtte. Dieſe Miniſterkrankheit war es ebenfalls, was den Lord Caſtlereagh ſo zur Ver¬ zweiflung brachte, daß er ſich die Kehle abſchnitt zu North-Cray in der Grafſchaft Kent. Lord Liverpool ſank auf gleiche Weiſe in den Tod des Bloͤdſinns. Canning, den goͤttergleichen Canning, ſahen wir vergiftet von hochtorieſchen Verlaͤumdun¬ gen, gleich einem kranken Atlas, unter ſeiner Weltbuͤrde niederſinken. Einer nach dem An¬ dern werden ſie eingeſcharrt in Weſtminſter, die armen Miniſter, die fuͤr Englands Koͤnige Tag und Nacht denken muͤſſen, waͤhrend dieſe, gedan¬ kenlos und wohlbeleibt, dahinleben bis ins hoͤchſte Menſchenalter.
Wie heißt aber die große Sorge, die Eng¬ lands Miniſtern Tag und Nacht im Gehirne wuͤhlt und ſie toͤdtet? Sie heißt: the debt, die Schuld.
Schulden, eben ſo wie Vaterlandsliebe, Reli¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0233"n="219"/>
cival waͤre an der gewoͤhnlichen Miniſterkrankheit<lb/>
geſtorben, wenn nicht ein Dolchſtoß ihn ſchneller<lb/>
abgefertigt haͤtte. Dieſe Miniſterkrankheit war es<lb/>
ebenfalls, was den Lord Caſtlereagh ſo zur Ver¬<lb/>
zweiflung brachte, daß er ſich die Kehle abſchnitt<lb/>
zu North-Cray in der Grafſchaft Kent. Lord<lb/>
Liverpool ſank auf gleiche Weiſe in den Tod des<lb/>
Bloͤdſinns. Canning, den goͤttergleichen Canning,<lb/>ſahen wir vergiftet von hochtorieſchen Verlaͤumdun¬<lb/>
gen, gleich einem kranken Atlas, unter ſeiner<lb/>
Weltbuͤrde niederſinken. Einer nach dem An¬<lb/>
dern werden ſie eingeſcharrt in Weſtminſter, die<lb/>
armen Miniſter, die fuͤr Englands Koͤnige Tag<lb/>
und Nacht denken muͤſſen, waͤhrend dieſe, gedan¬<lb/>
kenlos und wohlbeleibt, dahinleben bis ins hoͤchſte<lb/>
Menſchenalter.</p><lb/><p>Wie heißt aber die große Sorge, die Eng¬<lb/>
lands Miniſtern Tag und Nacht im Gehirne wuͤhlt<lb/>
und ſie toͤdtet? Sie heißt: <hirendition="#aq">the debt</hi>, die Schuld.</p><lb/><p>Schulden, eben ſo wie Vaterlandsliebe, Reli¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[219/0233]
cival waͤre an der gewoͤhnlichen Miniſterkrankheit
geſtorben, wenn nicht ein Dolchſtoß ihn ſchneller
abgefertigt haͤtte. Dieſe Miniſterkrankheit war es
ebenfalls, was den Lord Caſtlereagh ſo zur Ver¬
zweiflung brachte, daß er ſich die Kehle abſchnitt
zu North-Cray in der Grafſchaft Kent. Lord
Liverpool ſank auf gleiche Weiſe in den Tod des
Bloͤdſinns. Canning, den goͤttergleichen Canning,
ſahen wir vergiftet von hochtorieſchen Verlaͤumdun¬
gen, gleich einem kranken Atlas, unter ſeiner
Weltbuͤrde niederſinken. Einer nach dem An¬
dern werden ſie eingeſcharrt in Weſtminſter, die
armen Miniſter, die fuͤr Englands Koͤnige Tag
und Nacht denken muͤſſen, waͤhrend dieſe, gedan¬
kenlos und wohlbeleibt, dahinleben bis ins hoͤchſte
Menſchenalter.
Wie heißt aber die große Sorge, die Eng¬
lands Miniſtern Tag und Nacht im Gehirne wuͤhlt
und ſie toͤdtet? Sie heißt: the debt, die Schuld.
Schulden, eben ſo wie Vaterlandsliebe, Reli¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/233>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.