gleicher Zeit. Das Herz schwillt beim Anblick so vieler schwellenden Segel, und wird wunderbar auf¬ geregt, wenn vom Ufer her das verworrene Sum¬ men und die ferne Tanzmusik und der dumpfe Ma¬ trosenlärm herandröhnt. Aber im weißen Schleyer des Abendnebels verschwimmen allmählig die Con¬ touren der Gegenstände, und sichtbar bleibt nur ein Wald von Mastbäumen, die lang und kahl empor¬ ragen.
Der gelbe Mann stand noch immer neben mir, und schaute sinnend in die Höhe, als suche er im Nebelhimmel die bleichen Sterne. Noch immer in die Höhe schauend, legte er die Hand auf meine Schulter, und in einem Tone, als wenn geheime Gedanken unwillkürlich zu Worten werden, sprach er: "Freyheit und Gleichheit! man findet sie nicht hier unten und nicht einmal dort oben. Dort jene Sterne sind nicht gleich, einer ist größer und leuch¬ tender als der andere, keiner von ihnen wandelt frey, alle gehorchen sie vorgeschriebenen, eisernen
gleicher Zeit. Das Herz ſchwillt beim Anblick ſo vieler ſchwellenden Segel, und wird wunderbar auf¬ geregt, wenn vom Ufer her das verworrene Sum¬ men und die ferne Tanzmuſik und der dumpfe Ma¬ troſenlaͤrm herandroͤhnt. Aber im weißen Schleyer des Abendnebels verſchwimmen allmaͤhlig die Con¬ touren der Gegenſtaͤnde, und ſichtbar bleibt nur ein Wald von Maſtbaͤumen, die lang und kahl empor¬ ragen.
Der gelbe Mann ſtand noch immer neben mir, und ſchaute ſinnend in die Hoͤhe, als ſuche er im Nebelhimmel die bleichen Sterne. Noch immer in die Hoͤhe ſchauend, legte er die Hand auf meine Schulter, und in einem Tone, als wenn geheime Gedanken unwillkuͤrlich zu Worten werden, ſprach er: „Freyheit und Gleichheit! man findet ſie nicht hier unten und nicht einmal dort oben. Dort jene Sterne ſind nicht gleich, einer iſt groͤßer und leuch¬ tender als der andere, keiner von ihnen wandelt frey, alle gehorchen ſie vorgeſchriebenen, eiſernen
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gleicher Zeit. Das Herz ſchwillt beim Anblick ſo
vieler ſchwellenden Segel, und wird wunderbar auf¬
geregt, wenn vom Ufer her das verworrene Sum¬
men und die ferne Tanzmuſik und der dumpfe Ma¬
troſenlaͤrm herandroͤhnt. Aber im weißen Schleyer
des Abendnebels verſchwimmen allmaͤhlig die Con¬
touren der Gegenſtaͤnde, und ſichtbar bleibt nur ein
Wald von Maſtbaͤumen, die lang und kahl empor¬
ragen.
Der gelbe Mann ſtand noch immer neben mir,
und ſchaute ſinnend in die Hoͤhe, als ſuche er im
Nebelhimmel die bleichen Sterne. Noch immer
in die Hoͤhe ſchauend, legte er die Hand auf meine
Schulter, und in einem Tone, als wenn geheime
Gedanken unwillkuͤrlich zu Worten werden, ſprach
er: „Freyheit und Gleichheit! man findet ſie nicht
hier unten und nicht einmal dort oben. Dort jene
Sterne ſind nicht gleich, einer iſt groͤßer und leuch¬
tender als der andere, keiner von ihnen wandelt
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/168>, abgerufen am 22.11.2024.
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