doch wieder blühend Aufgelebtes, daß mich fast ein Grauen anwandelte, ein süßes Grauen, wie ich es einst gefühlt, als ich in der einsamen Mitternacht meine Lippen preßte auf die Lippen Marias, einer wunderschönen Frau, die damals gar keinen Fehler hatte, außer daß sie todt war. Dann aber mußt' ich wieder über mich selbst lächeln, und es wollte mich bedünken, als sey die ganze Stadt nichts anderes als eine hübsche Novelle, die ich einst einmal gelesen, ja, die ich selbst gedichtet, und ich sey jetzt in mein eigenes Gedicht hineingezaubert worden, und erschräcke vor den Gebilden meiner eigenen Schöpfung. Vielleicht auch, dacht' ich, ist das Ganze wirklich nur ein Traum, und ich hätte herzlich gern einen Thaler für eine einzige Ohrfeige gegeben, blos um dadurch zu erfahren, ob ich wachte oder schlief.
Wenig fehlte, und ich hätte diesen Artikel noch wohlfeiler eingehandelt, als ich an der Ecke
doch wieder bluͤhend Aufgelebtes, daß mich faſt ein Grauen anwandelte, ein ſuͤßes Grauen, wie ich es einſt gefuͤhlt, als ich in der einſamen Mitternacht meine Lippen preßte auf die Lippen Marias, einer wunderſchoͤnen Frau, die damals gar keinen Fehler hatte, außer daß ſie todt war. Dann aber mußt' ich wieder uͤber mich ſelbſt laͤcheln, und es wollte mich beduͤnken, als ſey die ganze Stadt nichts anderes als eine huͤbſche Novelle, die ich einſt einmal geleſen, ja, die ich ſelbſt gedichtet, und ich ſey jetzt in mein eigenes Gedicht hineingezaubert worden, und erſchraͤcke vor den Gebilden meiner eigenen Schoͤpfung. Vielleicht auch, dacht' ich, iſt das Ganze wirklich nur ein Traum, und ich haͤtte herzlich gern einen Thaler fuͤr eine einzige Ohrfeige gegeben, blos um dadurch zu erfahren, ob ich wachte oder ſchlief.
Wenig fehlte, und ich haͤtte dieſen Artikel noch wohlfeiler eingehandelt, als ich an der Ecke
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doch wieder bluͤhend Aufgelebtes, daß mich faſt
ein Grauen anwandelte, ein ſuͤßes Grauen, wie
ich es einſt gefuͤhlt, als ich in der einſamen
Mitternacht meine Lippen preßte auf die Lippen
Marias, einer wunderſchoͤnen Frau, die damals
gar keinen Fehler hatte, außer daß ſie todt war.
Dann aber mußt' ich wieder uͤber mich ſelbſt
laͤcheln, und es wollte mich beduͤnken, als ſey
die ganze Stadt nichts anderes als eine huͤbſche
Novelle, die ich einſt einmal geleſen, ja, die ich
ſelbſt gedichtet, und ich ſey jetzt in mein eigenes
Gedicht hineingezaubert worden, und erſchraͤcke
vor den Gebilden meiner eigenen Schoͤpfung.
Vielleicht auch, dacht' ich, iſt das Ganze wirklich
nur ein Traum, und ich haͤtte herzlich gern
einen Thaler fuͤr eine einzige Ohrfeige gegeben,
blos um dadurch zu erfahren, ob ich wachte oder
ſchlief.
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/97>, abgerufen am 23.11.2024.
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