hört von dem schwarzen Sepperl, der in Wien gewesen. Als nun die Patrioten zu ihnen hin¬ aufkletterten und ihnen beredtsam vorstellten, daß sie jetzt einen Fürsten bekommen, der einen blauen Rock und weiße Hosen trage, da griffen sie zu ihren Büchsen, und küßten Weib und Kind, und stiegen von den Bergen hinab, und ließen sich todtschlagen für den weißen Rock und die lieben alten rothen Hosen.
Im Grunde ist es auch dasselbe, für was man stirbt, wenn nur für etwas Liebes gestorben wird, und so ein warmer, treuer Tod ist besser, als ein kaltes, treuloses Leben. Schon allein die Lieder von einem solchen Tode, die süßen Reime und lichten Worte erwärmen unser Herz, wenn feuchte Nebelluft und zudringliche Sorgen es be¬ trüben wollen.
Viel solcher Lieder klangen durch mein Herz, als ich über die Berge Tyrols dahinfuhr. Die
hoͤrt von dem ſchwarzen Sepperl, der in Wien geweſen. Als nun die Patrioten zu ihnen hin¬ aufkletterten und ihnen beredtſam vorſtellten, daß ſie jetzt einen Fuͤrſten bekommen, der einen blauen Rock und weiße Hoſen trage, da griffen ſie zu ihren Buͤchſen, und kuͤßten Weib und Kind, und ſtiegen von den Bergen hinab, und ließen ſich todtſchlagen fuͤr den weißen Rock und die lieben alten rothen Hoſen.
Im Grunde iſt es auch daſſelbe, fuͤr was man ſtirbt, wenn nur fuͤr etwas Liebes geſtorben wird, und ſo ein warmer, treuer Tod iſt beſſer, als ein kaltes, treuloſes Leben. Schon allein die Lieder von einem ſolchen Tode, die ſuͤßen Reime und lichten Worte erwaͤrmen unſer Herz, wenn feuchte Nebelluft und zudringliche Sorgen es be¬ truͤben wollen.
Viel ſolcher Lieder klangen durch mein Herz, als ich uͤber die Berge Tyrols dahinfuhr. Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="76"/>
hoͤrt von dem ſchwarzen Sepperl, der in Wien<lb/>
geweſen. Als nun die Patrioten zu ihnen hin¬<lb/>
aufkletterten und ihnen beredtſam vorſtellten, daß<lb/>ſie jetzt einen Fuͤrſten bekommen, der einen blauen<lb/>
Rock und weiße Hoſen trage, da griffen ſie zu<lb/>
ihren Buͤchſen, und kuͤßten Weib und Kind, und<lb/>ſtiegen von den Bergen hinab, und ließen ſich<lb/>
todtſchlagen fuͤr den weißen Rock und die lieben<lb/>
alten rothen Hoſen.</p><lb/><p>Im Grunde iſt es auch daſſelbe, fuͤr was<lb/>
man ſtirbt, wenn nur fuͤr etwas Liebes geſtorben<lb/>
wird, und ſo ein warmer, treuer Tod iſt beſſer,<lb/>
als ein kaltes, treuloſes Leben. Schon allein die<lb/>
Lieder von einem ſolchen Tode, die ſuͤßen Reime<lb/>
und lichten Worte erwaͤrmen unſer Herz, wenn<lb/>
feuchte Nebelluft und zudringliche Sorgen es be¬<lb/>
truͤben wollen.</p><lb/><p>Viel ſolcher Lieder klangen durch mein Herz,<lb/>
als ich uͤber die Berge Tyrols dahinfuhr. Die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[76/0084]
hoͤrt von dem ſchwarzen Sepperl, der in Wien
geweſen. Als nun die Patrioten zu ihnen hin¬
aufkletterten und ihnen beredtſam vorſtellten, daß
ſie jetzt einen Fuͤrſten bekommen, der einen blauen
Rock und weiße Hoſen trage, da griffen ſie zu
ihren Buͤchſen, und kuͤßten Weib und Kind, und
ſtiegen von den Bergen hinab, und ließen ſich
todtſchlagen fuͤr den weißen Rock und die lieben
alten rothen Hoſen.
Im Grunde iſt es auch daſſelbe, fuͤr was
man ſtirbt, wenn nur fuͤr etwas Liebes geſtorben
wird, und ſo ein warmer, treuer Tod iſt beſſer,
als ein kaltes, treuloſes Leben. Schon allein die
Lieder von einem ſolchen Tode, die ſuͤßen Reime
und lichten Worte erwaͤrmen unſer Herz, wenn
feuchte Nebelluft und zudringliche Sorgen es be¬
truͤben wollen.
Viel ſolcher Lieder klangen durch mein Herz,
als ich uͤber die Berge Tyrols dahinfuhr. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/84>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.