Ich fand die Häupter jener Berge mit Wol¬ ken, wie mit grauen Turbanen, umwickelt. Man sieht dort die Martinswand, den Schauplatz der lieblichsten Kaisersage; wie denn überhaupt die Erinnerung an den ritterlichen Max in Tyrol noch immer blüht und klingt.
In der Hofkirche stehen die oft besprochenen Standbilder der Fürsten und Fürstinnen aus dem Hause Oestreich und ihrer Ahnen, worunter mancher gerechnet worden, der gewiß bis auf den heutigen Tag nicht begreift, wie er zu dieser Ehre gekommen. Sie stehen in gewaltiger Lebens¬ größe, aus Eisen gegossen, um das Grabmahl des Maximilian. Da aber die Kirche klein und das Dach niedrig ist, so kommts einem vor, als sähe man schwarze Wachsfiguren in einer Marktbude. Am Fußgestell der meisten liest man auch den Namen derjenigen hohen Personen, die sie vor¬ stellen. Als ich jene Statuen betrachtete, traten
Ich fand die Haͤupter jener Berge mit Wol¬ ken, wie mit grauen Turbanen, umwickelt. Man ſieht dort die Martinswand, den Schauplatz der lieblichſten Kaiſerſage; wie denn uͤberhaupt die Erinnerung an den ritterlichen Max in Tyrol noch immer bluͤht und klingt.
In der Hofkirche ſtehen die oft beſprochenen Standbilder der Fuͤrſten und Fuͤrſtinnen aus dem Hauſe Oeſtreich und ihrer Ahnen, worunter mancher gerechnet worden, der gewiß bis auf den heutigen Tag nicht begreift, wie er zu dieſer Ehre gekommen. Sie ſtehen in gewaltiger Lebens¬ groͤße, aus Eiſen gegoſſen, um das Grabmahl des Maximilian. Da aber die Kirche klein und das Dach niedrig iſt, ſo kommts einem vor, als ſaͤhe man ſchwarze Wachsfiguren in einer Marktbude. Am Fußgeſtell der meiſten lieſt man auch den Namen derjenigen hohen Perſonen, die ſie vor¬ ſtellen. Als ich jene Statuen betrachtete, traten
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Ich fand die Haͤupter jener Berge mit Wol¬
ken, wie mit grauen Turbanen, umwickelt. Man
ſieht dort die Martinswand, den Schauplatz der
lieblichſten Kaiſerſage; wie denn uͤberhaupt die
Erinnerung an den ritterlichen Max in Tyrol
noch immer bluͤht und klingt.
In der Hofkirche ſtehen die oft beſprochenen
Standbilder der Fuͤrſten und Fuͤrſtinnen aus
dem Hauſe Oeſtreich und ihrer Ahnen, worunter
mancher gerechnet worden, der gewiß bis auf den
heutigen Tag nicht begreift, wie er zu dieſer
Ehre gekommen. Sie ſtehen in gewaltiger Lebens¬
groͤße, aus Eiſen gegoſſen, um das Grabmahl des
Maximilian. Da aber die Kirche klein und das
Dach niedrig iſt, ſo kommts einem vor, als ſaͤhe
man ſchwarze Wachsfiguren in einer Marktbude.
Am Fußgeſtell der meiſten lieſt man auch den
Namen derjenigen hohen Perſonen, die ſie vor¬
ſtellen. Als ich jene Statuen betrachtete, traten
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/61>, abgerufen am 24.11.2024.
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