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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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und dergleichen modernen Herzensgeburten!"
Ist denn dies aber wirklich ein Fehler? soll man
den Dichtern wegen dieser Fälschung gleich den
Prozeß machen? nein, denn ich läugne die An¬
klage. Die Geschichte wird nicht von den Dich¬
tern verfälscht. Sie geben den Sinn derselben
ganz treu, und sey es auch durch selbsterfundene
Gestalten und Umstände. Es giebt Völker,
denen nur auf diese Dichterart ihre Geschichte
überliefert worden, z. B. die Indier. Dennoch
geben Gesänge wie der Maha Baratha den
Sinn indischer Geschichte viel richtiger als irgend
ein Compendienschreiber mit all' seinen Jahr¬
zahlen. In gleicher Hinsicht möchte ich behaupten,
Walter Scotts Romane gäben zuweilen den Geist
der englischen Geschichte weit treuer als Hume;
wenigstens hat Sartorius sehr Recht, wenn
er in seinen Nachträgen zu Spittler jene Ro¬
mane zu den Quellen der englischen Geschichte
rechnet.

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und dergleichen modernen Herzensgeburten!„
Iſt denn dies aber wirklich ein Fehler? ſoll man
den Dichtern wegen dieſer Faͤlſchung gleich den
Prozeß machen? nein, denn ich laͤugne die An¬
klage. Die Geſchichte wird nicht von den Dich¬
tern verfaͤlſcht. Sie geben den Sinn derſelben
ganz treu, und ſey es auch durch ſelbſterfundene
Geſtalten und Umſtaͤnde. Es giebt Voͤlker,
denen nur auf dieſe Dichterart ihre Geſchichte
uͤberliefert worden, z. B. die Indier. Dennoch
geben Geſaͤnge wie der Maha Baratha den
Sinn indiſcher Geſchichte viel richtiger als irgend
ein Compendienſchreiber mit all' ſeinen Jahr¬
zahlen. In gleicher Hinſicht moͤchte ich behaupten,
Walter Scotts Romane gaͤben zuweilen den Geiſt
der engliſchen Geſchichte weit treuer als Hume;
wenigſtens hat Sartorius ſehr Recht, wenn
er in ſeinen Nachtraͤgen zu Spittler jene Ro¬
mane zu den Quellen der engliſchen Geſchichte
rechnet.

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[49/0057] und dergleichen modernen Herzensgeburten!„ Iſt denn dies aber wirklich ein Fehler? ſoll man den Dichtern wegen dieſer Faͤlſchung gleich den Prozeß machen? nein, denn ich laͤugne die An¬ klage. Die Geſchichte wird nicht von den Dich¬ tern verfaͤlſcht. Sie geben den Sinn derſelben ganz treu, und ſey es auch durch ſelbſterfundene Geſtalten und Umſtaͤnde. Es giebt Voͤlker, denen nur auf dieſe Dichterart ihre Geſchichte uͤberliefert worden, z. B. die Indier. Dennoch geben Geſaͤnge wie der Maha Baratha den Sinn indiſcher Geſchichte viel richtiger als irgend ein Compendienſchreiber mit all' ſeinen Jahr¬ zahlen. In gleicher Hinſicht moͤchte ich behaupten, Walter Scotts Romane gaͤben zuweilen den Geiſt der engliſchen Geſchichte weit treuer als Hume; wenigſtens hat Sartorius ſehr Recht, wenn er in ſeinen Nachtraͤgen zu Spittler jene Ro¬ mane zu den Quellen der engliſchen Geſchichte rechnet. 4

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/57>, abgerufen am 24.11.2024.