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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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sind günstig, Apollo steht dir zur Seite und der
Lorbeer hängt schon über deinem Haupte!

Aber ich that dem armen Schelme Unrecht.
Liebreich antwortete er: Gedichte? Nein, ich bin
ein Freund von Gedichten, aber ich schreibe doch
keine. Was sollte ich schreiben? Ich hatte eben
nichts zu thun, und zu meinem Vergnügen
machte ich mir eine Liste von den Namen der¬
jenigen Freunde, die einst in meiner Collekte ge¬
spielt haben. Einige davon sind mir sogar noch
etwas schuldig -- Glauben Sie nur nicht, Herr
Doktor, ich wollte Sie mahnen -- das hat Zeit,
Sie sind mir gut. Hätten Sie nur zuletzt 1365
statt 1364 gespielt, so wären Sie jetzt ein
Mann von Hundert tausend Mark Banko, und
brauchten nicht hier herumzulaufen, und könnten
ruhig in Hamburg sitzen, ruhig und vergnügt,
und könnten sich auf dem Sopha erzählen lassen,
wie es in Italien aussieht. So wahr mir Gott
helfe! ich wäre nicht hergereist, hätte ich es nicht

ſind guͤnſtig, Apollo ſteht dir zur Seite und der
Lorbeer haͤngt ſchon uͤber deinem Haupte!

Aber ich that dem armen Schelme Unrecht.
Liebreich antwortete er: Gedichte? Nein, ich bin
ein Freund von Gedichten, aber ich ſchreibe doch
keine. Was ſollte ich ſchreiben? Ich hatte eben
nichts zu thun, und zu meinem Vergnuͤgen
machte ich mir eine Liſte von den Namen der¬
jenigen Freunde, die einſt in meiner Collekte ge¬
ſpielt haben. Einige davon ſind mir ſogar noch
etwas ſchuldig — Glauben Sie nur nicht, Herr
Doktor, ich wollte Sie mahnen — das hat Zeit,
Sie ſind mir gut. Haͤtten Sie nur zuletzt 1365
ſtatt 1364 geſpielt, ſo waͤren Sie jetzt ein
Mann von Hundert tauſend Mark Banko, und
brauchten nicht hier herumzulaufen, und koͤnnten
ruhig in Hamburg ſitzen, ruhig und vergnuͤgt,
und koͤnnten ſich auf dem Sopha erzaͤhlen laſſen,
wie es in Italien ausſieht. So wahr mir Gott
helfe! ich waͤre nicht hergereiſt, haͤtte ich es nicht

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[294/0302] ſind guͤnſtig, Apollo ſteht dir zur Seite und der Lorbeer haͤngt ſchon uͤber deinem Haupte! Aber ich that dem armen Schelme Unrecht. Liebreich antwortete er: Gedichte? Nein, ich bin ein Freund von Gedichten, aber ich ſchreibe doch keine. Was ſollte ich ſchreiben? Ich hatte eben nichts zu thun, und zu meinem Vergnuͤgen machte ich mir eine Liſte von den Namen der¬ jenigen Freunde, die einſt in meiner Collekte ge¬ ſpielt haben. Einige davon ſind mir ſogar noch etwas ſchuldig — Glauben Sie nur nicht, Herr Doktor, ich wollte Sie mahnen — das hat Zeit, Sie ſind mir gut. Haͤtten Sie nur zuletzt 1365 ſtatt 1364 geſpielt, ſo waͤren Sie jetzt ein Mann von Hundert tauſend Mark Banko, und brauchten nicht hier herumzulaufen, und koͤnnten ruhig in Hamburg ſitzen, ruhig und vergnuͤgt, und koͤnnten ſich auf dem Sopha erzaͤhlen laſſen, wie es in Italien ausſieht. So wahr mir Gott helfe! ich waͤre nicht hergereiſt, haͤtte ich es nicht

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/302>, abgerufen am 22.11.2024.