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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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den Abbate Cecco eine lange Rede halten, worin
er die Schönheit der armen Franscheska mit pe¬
dantischen Metaphern rühmte, und die Art wie
sie auch, als arme Franscheska, Antwort gab und
ihre eigene Stimme, in der Sentimentalität einer
früheren Zeit, kopirte, hatte etwas Puppenspiel¬
wehmüthiges, das mich wundersam bewegte.
Ade Cecco! Ade Franscheska! war der beständige
Refrain, die verliebten Füßchen wollten sich nicht
verlassen -- und ich war endlich froh, als ein
unerbittliches Schicksal sie von einander trennte,
indem süße Ahnung mir zuflüsterte, daß es für
mich ein Mißgeschick wäre, wenn die beiden Lie¬
benden beständig vereinigt blieben.

Der Professor applaudirte mit possenhaft
schwirrenden Guitarrentönen, Signora trillerte,
das Hündchen bellte, der Markese und ich
klatschten in die Hände wie rasend, und Signora
Franscheska stand auf und verneigte sich dankbar.
Es ist wirklich eine schöne Comödie, sprach sie zu

den Abbate Cecco eine lange Rede halten, worin
er die Schoͤnheit der armen Franſcheska mit pe¬
dantiſchen Metaphern ruͤhmte, und die Art wie
ſie auch, als arme Franſcheska, Antwort gab und
ihre eigene Stimme, in der Sentimentalitaͤt einer
fruͤheren Zeit, kopirte, hatte etwas Puppenſpiel¬
wehmuͤthiges, das mich wunderſam bewegte.
Ade Cecco! Ade Franſcheska! war der beſtaͤndige
Refrain, die verliebten Fuͤßchen wollten ſich nicht
verlaſſen — und ich war endlich froh, als ein
unerbittliches Schickſal ſie von einander trennte,
indem ſuͤße Ahnung mir zufluͤſterte, daß es fuͤr
mich ein Mißgeſchick waͤre, wenn die beiden Lie¬
benden beſtaͤndig vereinigt blieben.

Der Profeſſor applaudirte mit poſſenhaft
ſchwirrenden Guitarrentoͤnen, Signora trillerte,
das Huͤndchen bellte, der Markeſe und ich
klatſchten in die Haͤnde wie raſend, und Signora
Franſcheska ſtand auf und verneigte ſich dankbar.
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[278/0286] den Abbate Cecco eine lange Rede halten, worin er die Schoͤnheit der armen Franſcheska mit pe¬ dantiſchen Metaphern ruͤhmte, und die Art wie ſie auch, als arme Franſcheska, Antwort gab und ihre eigene Stimme, in der Sentimentalitaͤt einer fruͤheren Zeit, kopirte, hatte etwas Puppenſpiel¬ wehmuͤthiges, das mich wunderſam bewegte. Ade Cecco! Ade Franſcheska! war der beſtaͤndige Refrain, die verliebten Fuͤßchen wollten ſich nicht verlaſſen — und ich war endlich froh, als ein unerbittliches Schickſal ſie von einander trennte, indem ſuͤße Ahnung mir zufluͤſterte, daß es fuͤr mich ein Mißgeſchick waͤre, wenn die beiden Lie¬ benden beſtaͤndig vereinigt blieben. Der Profeſſor applaudirte mit poſſenhaft ſchwirrenden Guitarrentoͤnen, Signora trillerte, das Huͤndchen bellte, der Markeſe und ich klatſchten in die Haͤnde wie raſend, und Signora Franſcheska ſtand auf und verneigte ſich dankbar. Es iſt wirklich eine ſchoͤne Comoͤdie, ſprach ſie zu

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/286>, abgerufen am 22.11.2024.