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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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du in einem der letzten Säle des Pallazzo Pitti
zu Florenz finden kannst. Ich denke jetzt oft
an diese Statue, zuweilen träumt mir, sie
läge in meinen Armen, und belebe sich allmählig
und flüstere endlich mit der Stimme Fran¬
scheska's. Der Ton dieser Stimme war es aber,
der jedem ihrer Worte die lieblichste, unendlichste
Bedeutung ertheilte, und wollte ich dir ihre
Worte mittheilen, so gäbe es bloß ein trocknes
Herbarium von Blumen, die nur durch ihren
Duft den größten Werth besaßen. Auch sprang
sie oft in die Höhe, und tanzte während sie
sprach, und vielleicht war eben der Tanz ihre
eigentliche Sprache. Mein Herz aber tanzte
immer mit und exekutirte die schwierigsten Pas,
und zeigte dabey so viel Tanztalent, wie ich ihm
nie zugetraut hätte. In solcher Weise erzählte
Franscheska auch die Geschichte von dem Abbate
Cecco, einem jungen Burschen, der in sie verliebt
war, als sie noch im Arno-Thal Strohhüte strickte,

du in einem der letzten Saͤle des Pallazzo Pitti
zu Florenz finden kannſt. Ich denke jetzt oft
an dieſe Statue, zuweilen traͤumt mir, ſie
laͤge in meinen Armen, und belebe ſich allmaͤhlig
und fluͤſtere endlich mit der Stimme Fran¬
ſcheska's. Der Ton dieſer Stimme war es aber,
der jedem ihrer Worte die lieblichſte, unendlichſte
Bedeutung ertheilte, und wollte ich dir ihre
Worte mittheilen, ſo gaͤbe es bloß ein trocknes
Herbarium von Blumen, die nur durch ihren
Duft den groͤßten Werth beſaßen. Auch ſprang
ſie oft in die Hoͤhe, und tanzte waͤhrend ſie
ſprach, und vielleicht war eben der Tanz ihre
eigentliche Sprache. Mein Herz aber tanzte
immer mit und exekutirte die ſchwierigſten Pas,
und zeigte dabey ſo viel Tanztalent, wie ich ihm
nie zugetraut haͤtte. In ſolcher Weiſe erzaͤhlte
Franſcheska auch die Geſchichte von dem Abbate
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war, als ſie noch im Arno-Thal Strohhuͤte ſtrickte,

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[276/0284] du in einem der letzten Saͤle des Pallazzo Pitti zu Florenz finden kannſt. Ich denke jetzt oft an dieſe Statue, zuweilen traͤumt mir, ſie laͤge in meinen Armen, und belebe ſich allmaͤhlig und fluͤſtere endlich mit der Stimme Fran¬ ſcheska's. Der Ton dieſer Stimme war es aber, der jedem ihrer Worte die lieblichſte, unendlichſte Bedeutung ertheilte, und wollte ich dir ihre Worte mittheilen, ſo gaͤbe es bloß ein trocknes Herbarium von Blumen, die nur durch ihren Duft den groͤßten Werth beſaßen. Auch ſprang ſie oft in die Hoͤhe, und tanzte waͤhrend ſie ſprach, und vielleicht war eben der Tanz ihre eigentliche Sprache. Mein Herz aber tanzte immer mit und exekutirte die ſchwierigſten Pas, und zeigte dabey ſo viel Tanztalent, wie ich ihm nie zugetraut haͤtte. In ſolcher Weiſe erzaͤhlte Franſcheska auch die Geſchichte von dem Abbate Cecco, einem jungen Burſchen, der in ſie verliebt war, als ſie noch im Arno-Thal Strohhuͤte ſtrickte,

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/284>, abgerufen am 16.07.2024.