Ich verkaufte sie an die Barbaren, Ehe sie sich es konnte versehn. Bravo, Biskroma! schön! schön!
Noch einmal betrachtete mich Signora Fran¬ scheska scharf und musternd, vom Kopf bis zum Fuße, und mit zufriedener Miene dankte sie dann dem Markese, als sey ich ein Geschenk, das er ihr aus Artigkeit mitgebracht. Sie fand wenig daran auszusetzen: nur waren ihr meine Haare zu hellbraun, sie hätte sie dunkler gewünscht, wie die Haare des Abbate Cecco, auch meine Augen fand sie zu klein und mehr grün als blau. Zur Vergeltung, lieber Leser, sollte ich jetzt Signora Franscheska eben so mäkelnd schildern; aber ich habe wahrhaftig an dieser lieblichen, fast leicht¬ sinnig geformten Graziengestalt nichts auszusetzen. Auch das Gesicht war ganz göttermäßig, wie man es bey griechischen Statuen findet, Stirne und Nase gaben nur eine einzige senkrecht gerade Linie, einen süßen rechten Winkel bildete damit
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Bald befreiten von ihr mich Corſaren,
Ich verkaufte ſie an die Barbaren, Ehe ſie ſich es konnte verſehn. Bravo, Biskroma! ſchoͤn! ſchoͤn!
Noch einmal betrachtete mich Signora Fran¬ ſcheska ſcharf und muſternd, vom Kopf bis zum Fuße, und mit zufriedener Miene dankte ſie dann dem Markeſe, als ſey ich ein Geſchenk, das er ihr aus Artigkeit mitgebracht. Sie fand wenig daran auszuſetzen: nur waren ihr meine Haare zu hellbraun, ſie haͤtte ſie dunkler gewuͤnſcht, wie die Haare des Abbate Cecco, auch meine Augen fand ſie zu klein und mehr gruͤn als blau. Zur Vergeltung, lieber Leſer, ſollte ich jetzt Signora Franſcheska eben ſo maͤkelnd ſchildern; aber ich habe wahrhaftig an dieſer lieblichen, faſt leicht¬ ſinnig geformten Graziengeſtalt nichts auszuſetzen. Auch das Geſicht war ganz goͤttermaͤßig, wie man es bey griechiſchen Statuen findet, Stirne und Naſe gaben nur eine einzige ſenkrecht gerade Linie, einen ſuͤßen rechten Winkel bildete damit
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Bald befreiten von ihr mich Corſaren,
Ich verkaufte ſie an die Barbaren,
Ehe ſie ſich es konnte verſehn.
Bravo, Biskroma! ſchoͤn! ſchoͤn!
Noch einmal betrachtete mich Signora Fran¬
ſcheska ſcharf und muſternd, vom Kopf bis zum Fuße,
und mit zufriedener Miene dankte ſie dann dem
Markeſe, als ſey ich ein Geſchenk, das er ihr
aus Artigkeit mitgebracht. Sie fand wenig daran
auszuſetzen: nur waren ihr meine Haare zu
hellbraun, ſie haͤtte ſie dunkler gewuͤnſcht, wie
die Haare des Abbate Cecco, auch meine Augen
fand ſie zu klein und mehr gruͤn als blau. Zur
Vergeltung, lieber Leſer, ſollte ich jetzt Signora
Franſcheska eben ſo maͤkelnd ſchildern; aber ich
habe wahrhaftig an dieſer lieblichen, faſt leicht¬
ſinnig geformten Graziengeſtalt nichts auszuſetzen.
Auch das Geſicht war ganz goͤttermaͤßig, wie
man es bey griechiſchen Statuen findet, Stirne
und Naſe gaben nur eine einzige ſenkrecht gerade
Linie, einen ſuͤßen rechten Winkel bildete damit
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/281>, abgerufen am 25.11.2024.
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