ten hatte etwas unangenehm Ergötzliches, und man wußte nicht, ob man ihm Prügel oder Beyfall zollen sollte. In solcher Weise hielt er seine Morgenrede vor Signora Franscheska, die, noch halb schläfrig, ihn kaum anhörte, und als er zum Schluß um die Erlaubniß bat, ihr die Füße, wenigstens den linken Fuß, küssen zu dürfen, und zu diesem Geschäfte, mit großer Sorgfalt, sein gelbseidnes Taschentuch über den Fußboden ausbreitete und darauf niederkniete: streckte sie ihm gleichgültig den linken Fuß entgegen, der in einem allerliebsten rothen Schuh steckte, im Ge¬ gensatz zu dem rechten Fuße, der einen blauen Schuh trug, eine drollige Coketterie, wodurch die zarte niedliche Form der Füße noch bemerklicher werden sollte. Als der Markese den kleinen Fuß ehrfurchtsvoll geküßt, erhob er sich mit einem ächzenden O Jesu! und bat um die Erlaubniß, mich, seinen Freund, vorstellen zu dürfen, welches ihm ebenfalls gähnend gewährt wurde, und wo¬
ten hatte etwas unangenehm Ergoͤtzliches, und man wußte nicht, ob man ihm Pruͤgel oder Beyfall zollen ſollte. In ſolcher Weiſe hielt er ſeine Morgenrede vor Signora Franſcheska, die, noch halb ſchlaͤfrig, ihn kaum anhoͤrte, und als er zum Schluß um die Erlaubniß bat, ihr die Fuͤße, wenigſtens den linken Fuß, kuͤſſen zu duͤrfen, und zu dieſem Geſchaͤfte, mit großer Sorgfalt, ſein gelbſeidnes Taſchentuch uͤber den Fußboden ausbreitete und darauf niederkniete: ſtreckte ſie ihm gleichguͤltig den linken Fuß entgegen, der in einem allerliebſten rothen Schuh ſteckte, im Ge¬ genſatz zu dem rechten Fuße, der einen blauen Schuh trug, eine drollige Coketterie, wodurch die zarte niedliche Form der Fuͤße noch bemerklicher werden ſollte. Als der Markeſe den kleinen Fuß ehrfurchtsvoll gekuͤßt, erhob er ſich mit einem aͤchzenden O Jeſu! und bat um die Erlaubniß, mich, ſeinen Freund, vorſtellen zu duͤrfen, welches ihm ebenfalls gaͤhnend gewaͤhrt wurde, und wo¬
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ten hatte etwas unangenehm Ergoͤtzliches, und man
wußte nicht, ob man ihm Pruͤgel oder Beyfall
zollen ſollte. In ſolcher Weiſe hielt er ſeine
Morgenrede vor Signora Franſcheska, die, noch
halb ſchlaͤfrig, ihn kaum anhoͤrte, und als er
zum Schluß um die Erlaubniß bat, ihr die Fuͤße,
wenigſtens den linken Fuß, kuͤſſen zu duͤrfen,
und zu dieſem Geſchaͤfte, mit großer Sorgfalt,
ſein gelbſeidnes Taſchentuch uͤber den Fußboden
ausbreitete und darauf niederkniete: ſtreckte ſie ihm
gleichguͤltig den linken Fuß entgegen, der in
einem allerliebſten rothen Schuh ſteckte, im Ge¬
genſatz zu dem rechten Fuße, der einen blauen
Schuh trug, eine drollige Coketterie, wodurch die
zarte niedliche Form der Fuͤße noch bemerklicher
werden ſollte. Als der Markeſe den kleinen Fuß
ehrfurchtsvoll gekuͤßt, erhob er ſich mit einem
aͤchzenden O Jeſu! und bat um die Erlaubniß,
mich, ſeinen Freund, vorſtellen zu duͤrfen, welches
ihm ebenfalls gaͤhnend gewaͤhrt wurde, und wo¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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