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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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von hohen Bergen umschlossen ist, oder sie liegen
auf einem dieser Berge selbst, unfern der Haupt¬
quelle, wo eine pittoreske Häusergruppe in das
reitzende Thal hinabschaut. Einige liegen aber
auch einzeln zerstreut an den Bergesabhängen,
und man muß mühsam hinaufklimmen durch
Weinreben, Myrtengesträuch, Geisblatt, Lorbeer¬
büsche, Oleander, Geranikum und andre vornehme
Blumen und Pflanzen, ein wildes Paradies.
Ich habe nie ein reizenderes Thal gesehen, be¬
sonders wenn man von der Terasse des oberen
Bades, wo die ernstgrünen Zypressen stehen, ins
Dorf hinabschaut. Man sieht dort die Brücke,
die über ein Flüßchen führt, welches Lima heißt,
und das Dorf in zwey Theile durchschneidend,
an beiden Enden in mäßigen Wasserfällen, über
Felsenstücke dahinstürzt, und ein Geräusch her¬
vorbringt, als wolle es die angenehmsten Dinge
sagen und könne vor dem allseitig plaudernden
Echo nicht zu Worten kommen.

von hohen Bergen umſchloſſen iſt, oder ſie liegen
auf einem dieſer Berge ſelbſt, unfern der Haupt¬
quelle, wo eine pittoreske Haͤuſergruppe in das
reitzende Thal hinabſchaut. Einige liegen aber
auch einzeln zerſtreut an den Bergesabhaͤngen,
und man muß muͤhſam hinaufklimmen durch
Weinreben, Myrtengeſtraͤuch, Geisblatt, Lorbeer¬
buͤſche, Oleander, Geranikum und andre vornehme
Blumen und Pflanzen, ein wildes Paradies.
Ich habe nie ein reizenderes Thal geſehen, be¬
ſonders wenn man von der Teraſſe des oberen
Bades, wo die ernſtgruͤnen Zypreſſen ſtehen, ins
Dorf hinabſchaut. Man ſieht dort die Bruͤcke,
die uͤber ein Fluͤßchen fuͤhrt, welches Lima heißt,
und das Dorf in zwey Theile durchſchneidend,
an beiden Enden in maͤßigen Waſſerfaͤllen, uͤber
Felſenſtuͤcke dahinſtuͤrzt, und ein Geraͤuſch her¬
vorbringt, als wolle es die angenehmſten Dinge
ſagen und koͤnne vor dem allſeitig plaudernden
Echo nicht zu Worten kommen.

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[235/0243] von hohen Bergen umſchloſſen iſt, oder ſie liegen auf einem dieſer Berge ſelbſt, unfern der Haupt¬ quelle, wo eine pittoreske Haͤuſergruppe in das reitzende Thal hinabſchaut. Einige liegen aber auch einzeln zerſtreut an den Bergesabhaͤngen, und man muß muͤhſam hinaufklimmen durch Weinreben, Myrtengeſtraͤuch, Geisblatt, Lorbeer¬ buͤſche, Oleander, Geranikum und andre vornehme Blumen und Pflanzen, ein wildes Paradies. Ich habe nie ein reizenderes Thal geſehen, be¬ ſonders wenn man von der Teraſſe des oberen Bades, wo die ernſtgruͤnen Zypreſſen ſtehen, ins Dorf hinabſchaut. Man ſieht dort die Bruͤcke, die uͤber ein Fluͤßchen fuͤhrt, welches Lima heißt, und das Dorf in zwey Theile durchſchneidend, an beiden Enden in maͤßigen Waſſerfaͤllen, uͤber Felſenſtuͤcke dahinſtuͤrzt, und ein Geraͤuſch her¬ vorbringt, als wolle es die angenehmſten Dinge ſagen und koͤnne vor dem allſeitig plaudernden Echo nicht zu Worten kommen.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/243>, abgerufen am 23.11.2024.