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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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wenigstens eine tradizionelle Furcht seine Denk¬
kraft aufrüttelte? Was mich betrifft, so gestehe
ich, daß mein Gefühl mehr Angst als Freude
enthielt, wenn ich daran dachte, bald umherzu¬
wandeln auf dem Boden der alten Roma. Die
alte Roma ist ja jetzt todt, beschwichtigte ich die
zagende Seele, und du hast die Freude, ihre schöne
Leiche ganz ohne Gefahr zu betrachten. Aber
dann stieg wieder das Falstaffsche Bedenken in
mir auf: wenn sie aber doch nicht ganz todt
wäre, und sich nur verstellt hätte, und sie stände
plötzlich wieder auf -- es wäre entsetzlich!

Als ich das Amphitheater besuchte, wurde just
Comödie darin gespielt; eine kleine Holzbude war
nemlich in der Mitte errichtet, darauf ward eine
italienische Posse aufgeführt, und die Zuschauer
saßen unter freyem Himmel, theils auf kleinen
Stühlchen, theils auf den hohen Steinbänken
des alten Amphitheaters. Da saß ich nun und

wenigſtens eine tradizionelle Furcht ſeine Denk¬
kraft aufruͤttelte? Was mich betrifft, ſo geſtehe
ich, daß mein Gefuͤhl mehr Angſt als Freude
enthielt, wenn ich daran dachte, bald umherzu¬
wandeln auf dem Boden der alten Roma. Die
alte Roma iſt ja jetzt todt, beſchwichtigte ich die
zagende Seele, und du haſt die Freude, ihre ſchoͤne
Leiche ganz ohne Gefahr zu betrachten. Aber
dann ſtieg wieder das Falſtaffſche Bedenken in
mir auf: wenn ſie aber doch nicht ganz todt
waͤre, und ſich nur verſtellt haͤtte, und ſie ſtaͤnde
ploͤtzlich wieder auf — es waͤre entſetzlich!

Als ich das Amphitheater beſuchte, wurde juſt
Comoͤdie darin geſpielt; eine kleine Holzbude war
nemlich in der Mitte errichtet, darauf ward eine
italieniſche Poſſe aufgefuͤhrt, und die Zuſchauer
ſaßen unter freyem Himmel, theils auf kleinen
Stuͤhlchen, theils auf den hohen Steinbaͤnken
des alten Amphitheaters. Da ſaß ich nun und

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[144/0152] wenigſtens eine tradizionelle Furcht ſeine Denk¬ kraft aufruͤttelte? Was mich betrifft, ſo geſtehe ich, daß mein Gefuͤhl mehr Angſt als Freude enthielt, wenn ich daran dachte, bald umherzu¬ wandeln auf dem Boden der alten Roma. Die alte Roma iſt ja jetzt todt, beſchwichtigte ich die zagende Seele, und du haſt die Freude, ihre ſchoͤne Leiche ganz ohne Gefahr zu betrachten. Aber dann ſtieg wieder das Falſtaffſche Bedenken in mir auf: wenn ſie aber doch nicht ganz todt waͤre, und ſich nur verſtellt haͤtte, und ſie ſtaͤnde ploͤtzlich wieder auf — es waͤre entſetzlich! Als ich das Amphitheater beſuchte, wurde juſt Comoͤdie darin geſpielt; eine kleine Holzbude war nemlich in der Mitte errichtet, darauf ward eine italieniſche Poſſe aufgefuͤhrt, und die Zuſchauer ſaßen unter freyem Himmel, theils auf kleinen Stuͤhlchen, theils auf den hohen Steinbaͤnken des alten Amphitheaters. Da ſaß ich nun und

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/152>, abgerufen am 24.11.2024.