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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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Ich mußte mich lange mit dem lieblichen Bra¬
tenduft begnügen, der mir entgegenwogte aus der
thürlosen Küche gegenüber, wo Mutter und Tochter
neben einander saßen und sangen und Hühner rupf¬
ten. Erstere war remarkabel korpulent; Brüste,
die sich überreichlich hervorbäumten, die jedoch
noch immer klein waren im Vergleich mit dem
kolossalen Hintergestell, so daß jene erst die In¬
stituzionen zu seyn schienen, dieses aber ihre er¬
weiterte Ausführung als Pandekten. Die Tochter,
eine nicht sehr große, aber stark geformte Person,
schien sich ebenfalls zur Korpulenz hinzuneigen;
aber ihr blühendes Fett war keineswegs mit
dem alten Talg der Mutter zu vergleichen. Ihre
Gesichtszüge waren nicht sanft, nicht jugendlich
liebreizend, jedoch schön gemessen, edel, antik;
Locken und Augen brennend schwarz. Die Mutter
hingegen hatte flache, stumpfe Gesichtszüge, eine
rosenrothe Nase, blaue Augen, wie Veilchen in
Milch gekocht, und liljenweiß gepuderte Haare.

Ich mußte mich lange mit dem lieblichen Bra¬
tenduft begnuͤgen, der mir entgegenwogte aus der
thuͤrloſen Kuͤche gegenuͤber, wo Mutter und Tochter
neben einander ſaßen und ſangen und Huͤhner rupf¬
ten. Erſtere war remarkabel korpulent; Bruͤſte,
die ſich uͤberreichlich hervorbaͤumten, die jedoch
noch immer klein waren im Vergleich mit dem
koloſſalen Hintergeſtell, ſo daß jene erſt die In¬
ſtituzionen zu ſeyn ſchienen, dieſes aber ihre er¬
weiterte Ausfuͤhrung als Pandekten. Die Tochter,
eine nicht ſehr große, aber ſtark geformte Perſon,
ſchien ſich ebenfalls zur Korpulenz hinzuneigen;
aber ihr bluͤhendes Fett war keineswegs mit
dem alten Talg der Mutter zu vergleichen. Ihre
Geſichtszuͤge waren nicht ſanft, nicht jugendlich
liebreizend, jedoch ſchoͤn gemeſſen, edel, antik;
Locken und Augen brennend ſchwarz. Die Mutter
hingegen hatte flache, ſtumpfe Geſichtszuͤge, eine
roſenrothe Naſe, blaue Augen, wie Veilchen in
Milch gekocht, und liljenweiß gepuderte Haare.

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[128/0136] Ich mußte mich lange mit dem lieblichen Bra¬ tenduft begnuͤgen, der mir entgegenwogte aus der thuͤrloſen Kuͤche gegenuͤber, wo Mutter und Tochter neben einander ſaßen und ſangen und Huͤhner rupf¬ ten. Erſtere war remarkabel korpulent; Bruͤſte, die ſich uͤberreichlich hervorbaͤumten, die jedoch noch immer klein waren im Vergleich mit dem koloſſalen Hintergeſtell, ſo daß jene erſt die In¬ ſtituzionen zu ſeyn ſchienen, dieſes aber ihre er¬ weiterte Ausfuͤhrung als Pandekten. Die Tochter, eine nicht ſehr große, aber ſtark geformte Perſon, ſchien ſich ebenfalls zur Korpulenz hinzuneigen; aber ihr bluͤhendes Fett war keineswegs mit dem alten Talg der Mutter zu vergleichen. Ihre Geſichtszuͤge waren nicht ſanft, nicht jugendlich liebreizend, jedoch ſchoͤn gemeſſen, edel, antik; Locken und Augen brennend ſchwarz. Die Mutter hingegen hatte flache, ſtumpfe Geſichtszuͤge, eine roſenrothe Naſe, blaue Augen, wie Veilchen in Milch gekocht, und liljenweiß gepuderte Haare.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/136>, abgerufen am 24.11.2024.