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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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des windschiefen Marktes, der so klein ist wie
ein Hünerhof, steht mit großmächtigen, giganti¬
schen Buchstaben : Piazza di San Marco. Auf
dem steinernen Bruchstück eines großen, altadli¬
gen Wappenschilds, saß dort ein kleiner Knabe
und nothdürftelte. Die blanke Sonne beschien
seine naive Rückseite, und in den Händen hielt
er ein papiernes Heiligenbild, das er vorher in¬
brünstig küßte. Ein kleines, bildschönes Mädchen
stand betrachtungsvoll daneben, und blies zu¬
weilen akkompagnirend in eine hölzerne Kinder¬
trompete.

Das Wirthshaus, wo ich einkehrte und zu
Mittag speiste, war ebenfalls schon von ächt
italienischer Art. Oben, auf dem ersten Stock¬
werk, eine freye Estrade mit der Aussicht nach
dem Hofe, wo zerschlagene Wagen und sehnsüchtige
Misthaufen lagen, Truthähne mit närrisch rothen
Schnabellappen und bettelstolze Pfauen einher¬

des windſchiefen Marktes, der ſo klein iſt wie
ein Huͤnerhof, ſteht mit großmaͤchtigen, giganti¬
ſchen Buchſtaben : Piazza di San Marco. Auf
dem ſteinernen Bruchſtuͤck eines großen, altadli¬
gen Wappenſchilds, ſaß dort ein kleiner Knabe
und nothduͤrftelte. Die blanke Sonne beſchien
ſeine naive Ruͤckſeite, und in den Haͤnden hielt
er ein papiernes Heiligenbild, das er vorher in¬
bruͤnſtig kuͤßte. Ein kleines, bildſchoͤnes Maͤdchen
ſtand betrachtungsvoll daneben, und blies zu¬
weilen akkompagnirend in eine hoͤlzerne Kinder¬
trompete.

Das Wirthshaus, wo ich einkehrte und zu
Mittag ſpeiſte, war ebenfalls ſchon von aͤcht
italieniſcher Art. Oben, auf dem erſten Stock¬
werk, eine freye Eſtrade mit der Ausſicht nach
dem Hofe, wo zerſchlagene Wagen und ſehnſuͤchtige
Miſthaufen lagen, Truthaͤhne mit naͤrriſch rothen
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[126/0134] des windſchiefen Marktes, der ſo klein iſt wie ein Huͤnerhof, ſteht mit großmaͤchtigen, giganti¬ ſchen Buchſtaben : Piazza di San Marco. Auf dem ſteinernen Bruchſtuͤck eines großen, altadli¬ gen Wappenſchilds, ſaß dort ein kleiner Knabe und nothduͤrftelte. Die blanke Sonne beſchien ſeine naive Ruͤckſeite, und in den Haͤnden hielt er ein papiernes Heiligenbild, das er vorher in¬ bruͤnſtig kuͤßte. Ein kleines, bildſchoͤnes Maͤdchen ſtand betrachtungsvoll daneben, und blies zu¬ weilen akkompagnirend in eine hoͤlzerne Kinder¬ trompete. Das Wirthshaus, wo ich einkehrte und zu Mittag ſpeiſte, war ebenfalls ſchon von aͤcht italieniſcher Art. Oben, auf dem erſten Stock¬ werk, eine freye Eſtrade mit der Ausſicht nach dem Hofe, wo zerſchlagene Wagen und ſehnſuͤchtige Miſthaufen lagen, Truthaͤhne mit naͤrriſch rothen Schnabellappen und bettelſtolze Pfauen einher¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/134>, abgerufen am 24.11.2024.