Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.und tölpelhaften Rittersporen. An der Ecke und toͤlpelhaften Ritterſporen. An der Ecke <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="122"/> und toͤlpelhaften Ritterſporen. An der Ecke<lb/> zankten ſich zwey Masliebchen. Aus dem Fen¬<lb/> ſter eines alten Hauſes von krankhaftem Aus¬<lb/> ſehen guckte eine geſprenkelte Levkoje, gar<lb/> naͤrriſch buntgeputzt, und hinter ihr erklang eine<lb/> niedlich duftende Veilchenſtimme. Auf dem Bal¬<lb/> kon des großen Palazzos am Markte war der<lb/> ganze Adel <choice><sic>verſammmelt</sic><corr>verſammelt</corr></choice>, die hohe Nobleſſe,<lb/> nemlich jene Liljen, die nicht arbeiten und nicht<lb/> ſpinnen und ſich doch eben ſo praͤchtig duͤnken<lb/> wie Koͤnig Salomon in all ſeiner Herrlichkeit.<lb/> Auch die dicke Obſtfrau glaubte ich dort zu ſehen;<lb/> doch als ich genauer hinblickte, war es nur eine<lb/> verwinterte Ranunkel, die gleich auf mich los¬<lb/> keifte: „Was wollen Sie unreife Blithe? Sie<lb/> ſaure Jurke? Sie ordinaͤre Blume mit man<lb/> eenen Stoobfaden? Ich will Ihnen ſchon be¬<lb/> gießen!“ Vor Angſt eilte ich in den Dom, und<lb/> uͤberrannte faſt ein altes hinkendes Stiefmuͤtter¬<lb/> chen, das ſich von einem Gaͤnſebluͤmchen das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0130]
und toͤlpelhaften Ritterſporen. An der Ecke
zankten ſich zwey Masliebchen. Aus dem Fen¬
ſter eines alten Hauſes von krankhaftem Aus¬
ſehen guckte eine geſprenkelte Levkoje, gar
naͤrriſch buntgeputzt, und hinter ihr erklang eine
niedlich duftende Veilchenſtimme. Auf dem Bal¬
kon des großen Palazzos am Markte war der
ganze Adel verſammelt, die hohe Nobleſſe,
nemlich jene Liljen, die nicht arbeiten und nicht
ſpinnen und ſich doch eben ſo praͤchtig duͤnken
wie Koͤnig Salomon in all ſeiner Herrlichkeit.
Auch die dicke Obſtfrau glaubte ich dort zu ſehen;
doch als ich genauer hinblickte, war es nur eine
verwinterte Ranunkel, die gleich auf mich los¬
keifte: „Was wollen Sie unreife Blithe? Sie
ſaure Jurke? Sie ordinaͤre Blume mit man
eenen Stoobfaden? Ich will Ihnen ſchon be¬
gießen!“ Vor Angſt eilte ich in den Dom, und
uͤberrannte faſt ein altes hinkendes Stiefmuͤtter¬
chen, das ſich von einem Gaͤnſebluͤmchen das
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/130>, abgerufen am 16.07.2024. |