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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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als ich vor dem Bette stand, worauf der schöne,
blasse Leib lag, mit sanften stillen Lippen --
Ich dachte wieder an den sonderbaren Blick, den
mir die alte Frau zuwarf, die bey der Leiche
wachen sollte und mir ihr Amt auf einige
Stunden überließ -- Ich dachte wieder an die
Nachtviole, die im Glase auf dem Tische stand
und so seltsam duftete -- Auch durchschauerte
mich wieder der Zweifel: ob es wirklich ein
Windzug war, wovon die Lampe erlosch? Ob
wirklich kein Dritter im Zimmer war?


als ich vor dem Bette ſtand, worauf der ſchoͤne,
blaſſe Leib lag, mit ſanften ſtillen Lippen —
Ich dachte wieder an den ſonderbaren Blick, den
mir die alte Frau zuwarf, die bey der Leiche
wachen ſollte und mir ihr Amt auf einige
Stunden uͤberließ — Ich dachte wieder an die
Nachtviole, die im Glaſe auf dem Tiſche ſtand
und ſo ſeltſam duftete — Auch durchſchauerte
mich wieder der Zweifel: ob es wirklich ein
Windzug war, wovon die Lampe erloſch? Ob
wirklich kein Dritter im Zimmer war?


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[120/0128] als ich vor dem Bette ſtand, worauf der ſchoͤne, blaſſe Leib lag, mit ſanften ſtillen Lippen — Ich dachte wieder an den ſonderbaren Blick, den mir die alte Frau zuwarf, die bey der Leiche wachen ſollte und mir ihr Amt auf einige Stunden uͤberließ — Ich dachte wieder an die Nachtviole, die im Glaſe auf dem Tiſche ſtand und ſo ſeltſam duftete — Auch durchſchauerte mich wieder der Zweifel: ob es wirklich ein Windzug war, wovon die Lampe erloſch? Ob wirklich kein Dritter im Zimmer war?

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/128>, abgerufen am 24.11.2024.