Das ist der esoterische Sinn der Opera Buffa. Die exoterische Schildwache, in deren Gegenwart sie gesungen und dargestellt wird, ahnt nimmer¬ mehr die Bedeutung dieser heiteren Liebesge¬ schichten, Liebesnöthen und Liebesneckereyen, wor¬ unter der Italiener seine tödlichsten Befreyungs¬ gedanken verbirgt, wie Harmodius und Aristogiton ihren Dolch verbargen in einem Kranze von Myrthen. Das ist halt närrisches Zeug, sagt die exoterische Schildwache, und es ist gut, daß sie nichts merkt. Denn sonst würde der Im¬ pressario, mitsammt der Prima Donna und dem Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die eine Festung bedeuten; es würde eine Unter¬ suchungskommission niedergesetzt werden, alle staatsgefährliche Triller und revoluz[unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]rische Colloraturen kämen zu Protokoll, man würde eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬ gungen verbrecherischer Umtriebe verwickelt sind, auch den Tartaglia, den Brighella, sogar den alten
Das iſt der eſoteriſche Sinn der Opera Buffa. Die exoteriſche Schildwache, in deren Gegenwart ſie geſungen und dargeſtellt wird, ahnt nimmer¬ mehr die Bedeutung dieſer heiteren Liebesge¬ ſchichten, Liebesnoͤthen und Liebesneckereyen, wor¬ unter der Italiener ſeine toͤdlichſten Befreyungs¬ gedanken verbirgt, wie Harmodius und Ariſtogiton ihren Dolch verbargen in einem Kranze von Myrthen. Das iſt halt naͤrriſches Zeug, ſagt die exoteriſche Schildwache, und es iſt gut, daß ſie nichts merkt. Denn ſonſt wuͤrde der Im¬ preſſario, mitſammt der Prima Donna und dem Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die eine Feſtung bedeuten; es wuͤrde eine Unter¬ ſuchungskommiſſion niedergeſetzt werden, alle ſtaatsgefaͤhrliche Triller und revoluz[unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]riſche Colloraturen kaͤmen zu Protokoll, man wuͤrde eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬ gungen verbrecheriſcher Umtriebe verwickelt ſind, auch den Tartaglia, den Brighella, ſogar den alten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0124"n="116"/><p>Das iſt der eſoteriſche Sinn der Opera Buffa.<lb/>
Die exoteriſche Schildwache, in deren Gegenwart<lb/>ſie geſungen und dargeſtellt wird, ahnt nimmer¬<lb/>
mehr die Bedeutung dieſer heiteren Liebesge¬<lb/>ſchichten, Liebesnoͤthen und Liebesneckereyen, wor¬<lb/>
unter der Italiener ſeine toͤdlichſten Befreyungs¬<lb/>
gedanken verbirgt, wie Harmodius und Ariſtogiton<lb/>
ihren Dolch verbargen in einem Kranze von<lb/>
Myrthen. Das iſt halt naͤrriſches Zeug, ſagt<lb/>
die exoteriſche Schildwache, und es iſt gut, daß<lb/>ſie nichts merkt. Denn ſonſt wuͤrde der Im¬<lb/>
preſſario, mitſammt der Prima Donna und dem<lb/>
Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die<lb/>
eine Feſtung bedeuten; es wuͤrde eine Unter¬<lb/>ſuchungskommiſſion niedergeſetzt werden, alle<lb/>ſtaatsgefaͤhrliche Triller und revoluz<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="5"/>riſche<lb/>
Colloraturen kaͤmen zu Protokoll, man wuͤrde<lb/>
eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬<lb/>
gungen verbrecheriſcher Umtriebe verwickelt ſind,<lb/>
auch den Tartaglia, den Brighella, ſogar den alten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[116/0124]
Das iſt der eſoteriſche Sinn der Opera Buffa.
Die exoteriſche Schildwache, in deren Gegenwart
ſie geſungen und dargeſtellt wird, ahnt nimmer¬
mehr die Bedeutung dieſer heiteren Liebesge¬
ſchichten, Liebesnoͤthen und Liebesneckereyen, wor¬
unter der Italiener ſeine toͤdlichſten Befreyungs¬
gedanken verbirgt, wie Harmodius und Ariſtogiton
ihren Dolch verbargen in einem Kranze von
Myrthen. Das iſt halt naͤrriſches Zeug, ſagt
die exoteriſche Schildwache, und es iſt gut, daß
ſie nichts merkt. Denn ſonſt wuͤrde der Im¬
preſſario, mitſammt der Prima Donna und dem
Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die
eine Feſtung bedeuten; es wuͤrde eine Unter¬
ſuchungskommiſſion niedergeſetzt werden, alle
ſtaatsgefaͤhrliche Triller und revoluz_____riſche
Colloraturen kaͤmen zu Protokoll, man wuͤrde
eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬
gungen verbrecheriſcher Umtriebe verwickelt ſind,
auch den Tartaglia, den Brighella, ſogar den alten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/124>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.