Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

nen Vorfrühlingstagen, um diese Zeit, um halb
eins, in den Thiergarten zu gehen. Gehen Sie
links hinein, und eilen Sie nach der Gegend,
wo unserer seligen Louise von den Einwohnerin¬
nen des Thiergartens ein kleines, einfaches Mo¬
nument gesetzt ist. Dort pflegt unser König
oft spatzieren zu gehen. Es ist eine schöne,
edle, ehrfurchtgebietende Gestalt, die allen äuße¬
ren Prunk verschmäht. Er trägt fast immer
einen scheinlos grauen Mantel, und einem Töl¬
pel habe ich weiß gemacht: der König müsse
sich oft mit dieser Kleidung etwas behelfen,
weil sein Garderobemeister außer Landes wohnt
und nur selten nach Berlin kömmt. Die
schönen Königskinder sieht man ebenfalls zu die¬
ser Zeit im Thiergarten, so wie auch den gan¬
zen Hof und die allernobelste Noblesse. Die
fremdartigen Gesichter sind Familien auswärti¬
ger Gesandten. Ein oder zwey Livreebediente
folgen den edeln Damen in einiger Entfernung.
Officiere auf den schönsten Pferden galoppiren

nen Vorfruͤhlingstagen, um dieſe Zeit, um halb
eins, in den Thiergarten zu gehen. Gehen Sie
links hinein, und eilen Sie nach der Gegend,
wo unſerer ſeligen Louiſe von den Einwohnerin¬
nen des Thiergartens ein kleines, einfaches Mo¬
nument geſetzt iſt. Dort pflegt unſer Koͤnig
oft ſpatzieren zu gehen. Es iſt eine ſchoͤne,
edle, ehrfurchtgebietende Geſtalt, die allen aͤuße¬
ren Prunk verſchmaͤht. Er traͤgt faſt immer
einen ſcheinlos grauen Mantel, und einem Toͤl¬
pel habe ich weiß gemacht: der Koͤnig muͤſſe
ſich oft mit dieſer Kleidung etwas behelfen,
weil ſein Garderobemeiſter außer Landes wohnt
und nur ſelten nach Berlin koͤmmt. Die
ſchoͤnen Koͤnigskinder ſieht man ebenfalls zu die¬
ſer Zeit im Thiergarten, ſo wie auch den gan¬
zen Hof und die allernobelſte Nobleſſe. Die
fremdartigen Geſichter ſind Familien auswaͤrti¬
ger Geſandten. Ein oder zwey Livreebediente
folgen den edeln Damen in einiger Entfernung.
Officiere auf den ſchoͤnſten Pferden galoppiren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0312" n="304"/>
nen Vorfru&#x0364;hlingstagen, um die&#x017F;e Zeit, um halb<lb/>
eins, in den Thiergarten zu gehen. Gehen Sie<lb/>
links hinein, und eilen Sie nach der Gegend,<lb/>
wo un&#x017F;erer &#x017F;eligen Loui&#x017F;e von den Einwohnerin¬<lb/>
nen des Thiergartens ein kleines, einfaches Mo¬<lb/>
nument ge&#x017F;etzt i&#x017F;t. Dort pflegt un&#x017F;er Ko&#x0364;nig<lb/>
oft &#x017F;patzieren zu gehen. Es i&#x017F;t eine &#x017F;cho&#x0364;ne,<lb/>
edle, ehrfurchtgebietende Ge&#x017F;talt, die allen a&#x0364;uße¬<lb/>
ren Prunk ver&#x017F;chma&#x0364;ht. Er tra&#x0364;gt fa&#x017F;t immer<lb/>
einen &#x017F;cheinlos grauen Mantel, und einem To&#x0364;<lb/>
pel habe ich weiß gemacht: der Ko&#x0364;nig mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich oft mit die&#x017F;er Kleidung etwas behelfen,<lb/>
weil &#x017F;ein Garderobemei&#x017F;ter außer Landes wohnt<lb/>
und nur &#x017F;elten nach Berlin ko&#x0364;mmt. Die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Ko&#x0364;nigskinder &#x017F;ieht man ebenfalls zu die¬<lb/>
&#x017F;er Zeit im Thiergarten, &#x017F;o wie auch den gan¬<lb/>
zen Hof und die allernobel&#x017F;te Noble&#x017F;&#x017F;e. Die<lb/>
fremdartigen Ge&#x017F;ichter &#x017F;ind Familien auswa&#x0364;rti¬<lb/>
ger Ge&#x017F;andten. Ein oder zwey Livreebediente<lb/>
folgen den edeln Damen in einiger Entfernung.<lb/>
Officiere auf den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Pferden galoppiren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0312] nen Vorfruͤhlingstagen, um dieſe Zeit, um halb eins, in den Thiergarten zu gehen. Gehen Sie links hinein, und eilen Sie nach der Gegend, wo unſerer ſeligen Louiſe von den Einwohnerin¬ nen des Thiergartens ein kleines, einfaches Mo¬ nument geſetzt iſt. Dort pflegt unſer Koͤnig oft ſpatzieren zu gehen. Es iſt eine ſchoͤne, edle, ehrfurchtgebietende Geſtalt, die allen aͤuße¬ ren Prunk verſchmaͤht. Er traͤgt faſt immer einen ſcheinlos grauen Mantel, und einem Toͤl¬ pel habe ich weiß gemacht: der Koͤnig muͤſſe ſich oft mit dieſer Kleidung etwas behelfen, weil ſein Garderobemeiſter außer Landes wohnt und nur ſelten nach Berlin koͤmmt. Die ſchoͤnen Koͤnigskinder ſieht man ebenfalls zu die¬ ſer Zeit im Thiergarten, ſo wie auch den gan¬ zen Hof und die allernobelſte Nobleſſe. Die fremdartigen Geſichter ſind Familien auswaͤrti¬ ger Geſandten. Ein oder zwey Livreebediente folgen den edeln Damen in einiger Entfernung. Officiere auf den ſchoͤnſten Pferden galoppiren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/312
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/312>, abgerufen am 22.11.2024.