dürfe. Und der Kaiser mit seinem Gefolge ritt mitten durch die Allee, die schauernden Bäume beugten sich vorwärts, wo er vorbeykam, die Sonnenstrahlen zitterten furchtsam neugierig durch das grüne Laub, und am blauen Himmel oben schwamm sichtbar ein goldner Stern. Der Kai¬ ser trug seine scheinlose grüne Uniform und das kleine, welthistorische Hütchen. Er ritt ein wei¬ ßes Rößlein, und das ging so ruhig stolz, so sicher, so ausgezeichnet -- wär' ich damals Kron¬ prinz von -- -- -- -- gewesen, ich hätte dieses Rößlein beneidet. Nachlässig, fast hängend, saß der Kaiser, die eine Hand hielt hoch den Zaum, die andere klopfte gutmüthig den Hals des Pferdchens -- Es war eine sonnigmarmorne Hand, eine mächtige Hand, eine von den beiden Händen, die das vielköpfige Ungeheuer der Anar¬ chie gebändigt und den Völkerzweykampf geordnet hatten -- und sie klopfte gutmüthig den Hals des Pferdes. Auch das Gesicht hatte jene Farbe, die wir bey marmornen Griechen- und Römer¬
duͤrfe. Und der Kaiſer mit ſeinem Gefolge ritt mitten durch die Allee, die ſchauernden Baͤume beugten ſich vorwaͤrts, wo er vorbeykam, die Sonnenſtrahlen zitterten furchtſam neugierig durch das gruͤne Laub, und am blauen Himmel oben ſchwamm ſichtbar ein goldner Stern. Der Kai¬ ſer trug ſeine ſcheinloſe gruͤne Uniform und das kleine, welthiſtoriſche Huͤtchen. Er ritt ein wei¬ ßes Roͤßlein, und das ging ſo ruhig ſtolz, ſo ſicher, ſo ausgezeichnet — waͤr' ich damals Kron¬ prinz von — — — — geweſen, ich haͤtte dieſes Roͤßlein beneidet. Nachlaͤſſig, faſt haͤngend, ſaß der Kaiſer, die eine Hand hielt hoch den Zaum, die andere klopfte gutmuͤthig den Hals des Pferdchens — Es war eine ſonnigmarmorne Hand, eine maͤchtige Hand, eine von den beiden Haͤnden, die das vielkoͤpfige Ungeheuer der Anar¬ chie gebaͤndigt und den Voͤlkerzweykampf geordnet hatten — und ſie klopfte gutmuͤthig den Hals des Pferdes. Auch das Geſicht hatte jene Farbe, die wir bey marmornen Griechen- und Roͤmer¬
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duͤrfe. Und der Kaiſer mit ſeinem Gefolge ritt
mitten durch die Allee, die ſchauernden Baͤume
beugten ſich vorwaͤrts, wo er vorbeykam, die
Sonnenſtrahlen zitterten furchtſam neugierig durch
das gruͤne Laub, und am blauen Himmel oben
ſchwamm ſichtbar ein goldner Stern. Der Kai¬
ſer trug ſeine ſcheinloſe gruͤne Uniform und das
kleine, welthiſtoriſche Huͤtchen. Er ritt ein wei¬
ßes Roͤßlein, und das ging ſo ruhig ſtolz, ſo
ſicher, ſo ausgezeichnet — waͤr' ich damals Kron¬
prinz von — — — — geweſen, ich haͤtte dieſes
Roͤßlein beneidet. Nachlaͤſſig, faſt haͤngend, ſaß
der Kaiſer, die eine Hand hielt hoch den Zaum,
die andere klopfte gutmuͤthig den Hals des
Pferdchens — Es war eine ſonnigmarmorne
Hand, eine maͤchtige Hand, eine von den beiden
Haͤnden, die das vielkoͤpfige Ungeheuer der Anar¬
chie gebaͤndigt und den Voͤlkerzweykampf geordnet
hatten — und ſie klopfte gutmuͤthig den Hals des
Pferdes. Auch das Geſicht hatte jene Farbe,
die wir bey marmornen Griechen- und Roͤmer¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/212>, abgerufen am 24.11.2024.
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