Constitutionsgesinnung geschimpft wurde, und meine Füße, die mit ihren kleinen Hühner¬ augen das Treiben der Welt besser durchschauen als der Geheimerath mit seinen großen Juno- Augen, diese armen, stummen Füße, unfähig, durch Worte ihre unmaßgebliche Meinung aus¬ zusprechen, wollten sich durch Trommeln ver¬ ständlich machen, und trommelten so stark, daß ich dadurch schier in's Malheur kam.
Verdammte, unbesonnene Füße! sie spielten mir einen ähnlichen Streich, als ich einmal in Göttingen bey Professor Saalfeld hospitirte, und dieser mit seiner steifen Beweglichkeit auf dem Katheder hin und her sprang, und sich echauffirte, um auf den Kaiser Napoleon recht ordentlich schimpfen zu können -- nein, arme Füße, ich kann es euch nicht verdenken, daß ihr damals getrommelt, ja ich würde es euch nicht mal verdacht haben, wenn ihr, in eurer stum¬ men Naivetät, euch noch fußtrittdeutlicher aus¬
Conſtitutionsgeſinnung geſchimpft wurde, und meine Fuͤße, die mit ihren kleinen Huͤhner¬ augen das Treiben der Welt beſſer durchſchauen als der Geheimerath mit ſeinen großen Juno- Augen, dieſe armen, ſtummen Fuͤße, unfaͤhig, durch Worte ihre unmaßgebliche Meinung aus¬ zuſprechen, wollten ſich durch Trommeln ver¬ ſtaͤndlich machen, und trommelten ſo ſtark, daß ich dadurch ſchier in's Malheur kam.
Verdammte, unbeſonnene Fuͤße! ſie ſpielten mir einen aͤhnlichen Streich, als ich einmal in Goͤttingen bey Profeſſor Saalfeld hospitirte, und dieſer mit ſeiner ſteifen Beweglichkeit auf dem Katheder hin und her ſprang, und ſich echauffirte, um auf den Kaiſer Napoleon recht ordentlich ſchimpfen zu koͤnnen — nein, arme Fuͤße, ich kann es euch nicht verdenken, daß ihr damals getrommelt, ja ich wuͤrde es euch nicht mal verdacht haben, wenn ihr, in eurer ſtum¬ men Naivetaͤt, euch noch fußtrittdeutlicher aus¬
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[199/0207]
Conſtitutionsgeſinnung geſchimpft wurde, und
meine Fuͤße, die mit ihren kleinen Huͤhner¬
augen das Treiben der Welt beſſer durchſchauen
als der Geheimerath mit ſeinen großen Juno-
Augen, dieſe armen, ſtummen Fuͤße, unfaͤhig,
durch Worte ihre unmaßgebliche Meinung aus¬
zuſprechen, wollten ſich durch Trommeln ver¬
ſtaͤndlich machen, und trommelten ſo ſtark, daß
ich dadurch ſchier in's Malheur kam.
Verdammte, unbeſonnene Fuͤße! ſie ſpielten
mir einen aͤhnlichen Streich, als ich einmal in
Goͤttingen bey Profeſſor Saalfeld hospitirte,
und dieſer mit ſeiner ſteifen Beweglichkeit auf
dem Katheder hin und her ſprang, und ſich
echauffirte, um auf den Kaiſer Napoleon recht
ordentlich ſchimpfen zu koͤnnen — nein, arme
Fuͤße, ich kann es euch nicht verdenken, daß ihr
damals getrommelt, ja ich wuͤrde es euch nicht
mal verdacht haben, wenn ihr, in eurer ſtum¬
men Naivetaͤt, euch noch fußtrittdeutlicher aus¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/207>, abgerufen am 24.11.2024.
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