Die Wogen murmeln, die Möven schrillen, Alte Erinn'rungen wehen mich an, Vergessene Träume, erloschene Bilder, Qualvoll süße, tauchen hervor!
Es lebt ein Weib im Norden, Ein schönes Weib, königlich schön. Die schlanke Zypressengestalt Umschließt ein lüstern weißes Gewand; Die dunkle Lockenfülle, Wie eine selige Nacht, ergießt sich Von dem hohen, flechtengekrönten Haupte, Sie ringelt sich träumerisch süß Um das süße, blasse Antlitz; Und aus dem süßen, blassen Antlitz, Groß und gewaltig, strahlt ein Auge, Wie eine schwarze Sonne.
O, du schwarze Sonne, wie oft, Entzückend oft, trank ich aus dir Die wilden Begeist'rungsflammen,
Die Wogen murmeln, die Moͤven ſchrillen, Alte Erinn'rungen wehen mich an, Vergeſſene Traͤume, erloſchene Bilder, Qualvoll ſuͤße, tauchen hervor!
Es lebt ein Weib im Norden, Ein ſchoͤnes Weib, koͤniglich ſchoͤn. Die ſchlanke Zypreſſengeſtalt Umſchließt ein luͤſtern weißes Gewand; Die dunkle Lockenfuͤlle, Wie eine ſelige Nacht, ergießt ſich Von dem hohen, flechtengekroͤnten Haupte, Sie ringelt ſich traͤumeriſch ſuͤß Um das ſuͤße, blaſſe Antlitz; Und aus dem ſuͤßen, blaſſen Antlitz, Groß und gewaltig, ſtrahlt ein Auge, Wie eine ſchwarze Sonne.
O, du ſchwarze Sonne, wie oft, Entzuͤckend oft, trank ich aus dir Die wilden Begeiſt'rungsflammen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0018"n="10"/><lgn="2"><l>Die Wogen murmeln, die Moͤven ſchrillen,</l><lb/><l>Alte Erinn'rungen wehen mich an,</l><lb/><l>Vergeſſene Traͤume, erloſchene Bilder,</l><lb/><l>Qualvoll ſuͤße, tauchen hervor!</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Es lebt ein Weib im Norden,</l><lb/><l>Ein ſchoͤnes Weib, koͤniglich ſchoͤn.</l><lb/><l>Die ſchlanke Zypreſſengeſtalt</l><lb/><l>Umſchließt ein luͤſtern weißes Gewand;</l><lb/><l>Die dunkle Lockenfuͤlle,</l><lb/><l>Wie eine ſelige Nacht, ergießt ſich</l><lb/><l>Von dem hohen, flechtengekroͤnten Haupte,</l><lb/><l>Sie ringelt ſich traͤumeriſch ſuͤß</l><lb/><l>Um das ſuͤße, blaſſe Antlitz;</l><lb/><l>Und aus dem ſuͤßen, blaſſen Antlitz,</l><lb/><l>Groß und gewaltig, ſtrahlt ein Auge,</l><lb/><l>Wie eine ſchwarze Sonne.</l><lb/></lg><lgn="4"><l>O, du ſchwarze Sonne, wie oft,</l><lb/><l>Entzuͤckend oft, trank ich aus dir</l><lb/><l>Die wilden Begeiſt'rungsflammen,</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[10/0018]
Die Wogen murmeln, die Moͤven ſchrillen,
Alte Erinn'rungen wehen mich an,
Vergeſſene Traͤume, erloſchene Bilder,
Qualvoll ſuͤße, tauchen hervor!
Es lebt ein Weib im Norden,
Ein ſchoͤnes Weib, koͤniglich ſchoͤn.
Die ſchlanke Zypreſſengeſtalt
Umſchließt ein luͤſtern weißes Gewand;
Die dunkle Lockenfuͤlle,
Wie eine ſelige Nacht, ergießt ſich
Von dem hohen, flechtengekroͤnten Haupte,
Sie ringelt ſich traͤumeriſch ſuͤß
Um das ſuͤße, blaſſe Antlitz;
Und aus dem ſuͤßen, blaſſen Antlitz,
Groß und gewaltig, ſtrahlt ein Auge,
Wie eine ſchwarze Sonne.
O, du ſchwarze Sonne, wie oft,
Entzuͤckend oft, trank ich aus dir
Die wilden Begeiſt'rungsflammen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/18>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.