Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

und wie die Gerichte durchaus öffentlich seyn
müssen, und wie die Maria Antoinette so mir
nichts dir nichts guillotinirt worden, und wie
die Tabaksregie den Tabak vertheuert, und wie
alle Menschen gleich sind, und wie der Görres
ein Hauptkerl ist.

Ich habe mich nie um dergleichen Gespräche
bekümmert, und saß lieber bey den Mädchen
am gewölbten Fenster, und lachte über ihr La¬
chen, und ließ mich mit Blumen in's Gesicht
schlagen, und stellte mich böse, bis sie mir ihre
Geheimnisse oder irgend eine andre wichtige
Geschichte erzählte. Die schöne Gertrud war
bis zum Tollwerden vergnügt, wenn ich mich
zu ihr setzte; es war ein Mädchen wie eine
flammende Rose, und als sie mir einst um den
Hals fiel, glaubte ich, sie würde verbrennen
und verduften in meinen Armen. Die schöne
Katharine zerfloß in klingender Sanftheit,
wenn sie mit mir sprach, und ihre Augen wa¬

und wie die Gerichte durchaus oͤffentlich ſeyn
muͤſſen, und wie die Maria Antoinette ſo mir
nichts dir nichts guillotinirt worden, und wie
die Tabaksregie den Tabak vertheuert, und wie
alle Menſchen gleich ſind, und wie der Goͤrres
ein Hauptkerl iſt.

Ich habe mich nie um dergleichen Geſpraͤche
bekuͤmmert, und ſaß lieber bey den Maͤdchen
am gewoͤlbten Fenſter, und lachte uͤber ihr La¬
chen, und ließ mich mit Blumen in's Geſicht
ſchlagen, und ſtellte mich boͤſe, bis ſie mir ihre
Geheimniſſe oder irgend eine andre wichtige
Geſchichte erzaͤhlte. Die ſchoͤne Gertrud war
bis zum Tollwerden vergnuͤgt, wenn ich mich
zu ihr ſetzte; es war ein Maͤdchen wie eine
flammende Roſe, und als ſie mir einſt um den
Hals fiel, glaubte ich, ſie wuͤrde verbrennen
und verduften in meinen Armen. Die ſchoͤne
Katharine zerfloß in klingender Sanftheit,
wenn ſie mit mir ſprach, und ihre Augen wa¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="160"/>
und wie die Gerichte durchaus o&#x0364;ffentlich &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und wie die Maria Antoinette &#x017F;o mir<lb/>
nichts dir nichts guillotinirt worden, und wie<lb/>
die Tabaksregie den Tabak vertheuert, und wie<lb/>
alle Men&#x017F;chen gleich &#x017F;ind, und wie der Go&#x0364;rres<lb/>
ein Hauptkerl i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Ich habe mich nie um dergleichen Ge&#x017F;pra&#x0364;che<lb/>
beku&#x0364;mmert, und &#x017F;aß lieber bey den Ma&#x0364;dchen<lb/>
am gewo&#x0364;lbten Fen&#x017F;ter, und lachte u&#x0364;ber ihr La¬<lb/>
chen, und ließ mich mit Blumen in's Ge&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;chlagen, und &#x017F;tellte mich bo&#x0364;&#x017F;e, bis &#x017F;ie mir ihre<lb/>
Geheimni&#x017F;&#x017F;e oder irgend eine andre wichtige<lb/>
Ge&#x017F;chichte erza&#x0364;hlte. Die &#x017F;cho&#x0364;ne Gertrud war<lb/>
bis zum Tollwerden vergnu&#x0364;gt, wenn ich mich<lb/>
zu ihr &#x017F;etzte; es war ein Ma&#x0364;dchen wie eine<lb/>
flammende Ro&#x017F;e, und als &#x017F;ie mir ein&#x017F;t um den<lb/>
Hals fiel, glaubte ich, &#x017F;ie wu&#x0364;rde verbrennen<lb/>
und verduften in meinen Armen. Die &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Katharine zerfloß in klingender Sanftheit,<lb/>
wenn &#x017F;ie mit mir &#x017F;prach, und ihre Augen wa¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0168] und wie die Gerichte durchaus oͤffentlich ſeyn muͤſſen, und wie die Maria Antoinette ſo mir nichts dir nichts guillotinirt worden, und wie die Tabaksregie den Tabak vertheuert, und wie alle Menſchen gleich ſind, und wie der Goͤrres ein Hauptkerl iſt. Ich habe mich nie um dergleichen Geſpraͤche bekuͤmmert, und ſaß lieber bey den Maͤdchen am gewoͤlbten Fenſter, und lachte uͤber ihr La¬ chen, und ließ mich mit Blumen in's Geſicht ſchlagen, und ſtellte mich boͤſe, bis ſie mir ihre Geheimniſſe oder irgend eine andre wichtige Geſchichte erzaͤhlte. Die ſchoͤne Gertrud war bis zum Tollwerden vergnuͤgt, wenn ich mich zu ihr ſetzte; es war ein Maͤdchen wie eine flammende Roſe, und als ſie mir einſt um den Hals fiel, glaubte ich, ſie wuͤrde verbrennen und verduften in meinen Armen. Die ſchoͤne Katharine zerfloß in klingender Sanftheit, wenn ſie mit mir ſprach, und ihre Augen wa¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/168
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/168>, abgerufen am 22.07.2024.