Einem dürftigen Mann, ohn' Erbe und eigenen Wohlstand, Als die sämmtliche Schaar der geschwundenen Todten beherrschen."
Ja, als der Major Düvent den großen Israel Löwe auf Pistolen forderte und zu ihm sagte: wenn Sie sich nicht stellen, Herr Löwe, so sind Sie ein Hund! da antwortete dieser: ich will lieber seyn ein lebendiger Hund als ein todter Löwe! Und er hatte Recht -- Ich habe mich oft genug geschlagen, Madame, um dieses sagen zu dürfen -- Gottlob! ich lebe! In mei¬ nen Adern kocht das rothe Leben, unter meinen Füßen zuckt die Erde, in Liebesgluth umschlinge ich Bäume und Marmorbilder, und sie werden lebendig in meiner Umarmung. Jedes Weib ist mir eine geschenkte Welt, ich schwelge in den Melodien ihres Antlitzes, und mit einem einzi¬ gen Blick meines Auges kann ich mehr genießen als Andre, mit ihren sämmtlichen Gliedmaßen,
Einem duͤrftigen Mann, ohn' Erbe und eigenen Wohlſtand, Als die ſaͤmmtliche Schaar der geſchwundenen Todten beherrſchen.“
Ja, als der Major Duͤvent den großen Israel Loͤwe auf Piſtolen forderte und zu ihm ſagte: wenn Sie ſich nicht ſtellen, Herr Loͤwe, ſo ſind Sie ein Hund! da antwortete dieſer: ich will lieber ſeyn ein lebendiger Hund als ein todter Loͤwe! Und er hatte Recht — Ich habe mich oft genug geſchlagen, Madame, um dieſes ſagen zu duͤrfen — Gottlob! ich lebe! In mei¬ nen Adern kocht das rothe Leben, unter meinen Fuͤßen zuckt die Erde, in Liebesgluth umſchlinge ich Baͤume und Marmorbilder, und ſie werden lebendig in meiner Umarmung. Jedes Weib iſt mir eine geſchenkte Welt, ich ſchwelge in den Melodien ihres Antlitzes, und mit einem einzi¬ gen Blick meines Auges kann ich mehr genießen als Andre, mit ihren ſaͤmmtlichen Gliedmaßen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0157"n="149"/><l>Einem duͤrftigen Mann, ohn' Erbe und<lb/>
eigenen Wohlſtand,</l><lb/><l>Als die ſaͤmmtliche Schaar der geſchwundenen<lb/>
Todten beherrſchen.“</l><lb/></lg><p>Ja, als der Major Duͤvent den großen<lb/>
Israel Loͤwe auf Piſtolen forderte und zu ihm<lb/>ſagte: wenn Sie ſich nicht ſtellen, Herr Loͤwe,<lb/>ſo ſind Sie ein Hund! da antwortete dieſer:<lb/>
ich will lieber ſeyn ein lebendiger Hund als ein<lb/>
todter Loͤwe! Und er hatte Recht — Ich habe<lb/>
mich oft genug geſchlagen, Madame, um dieſes<lb/>ſagen zu duͤrfen — Gottlob! ich lebe! In mei¬<lb/>
nen Adern kocht das rothe Leben, unter meinen<lb/>
Fuͤßen zuckt die Erde, in Liebesgluth umſchlinge<lb/>
ich Baͤume und Marmorbilder, und ſie werden<lb/>
lebendig in meiner Umarmung. Jedes Weib iſt<lb/>
mir eine geſchenkte Welt, ich ſchwelge in den<lb/>
Melodien ihres Antlitzes, und mit einem einzi¬<lb/>
gen Blick meines Auges kann ich mehr genießen<lb/>
als Andre, mit ihren ſaͤmmtlichen Gliedmaßen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[149/0157]
Einem duͤrftigen Mann, ohn' Erbe und
eigenen Wohlſtand,
Als die ſaͤmmtliche Schaar der geſchwundenen
Todten beherrſchen.“
Ja, als der Major Duͤvent den großen
Israel Loͤwe auf Piſtolen forderte und zu ihm
ſagte: wenn Sie ſich nicht ſtellen, Herr Loͤwe,
ſo ſind Sie ein Hund! da antwortete dieſer:
ich will lieber ſeyn ein lebendiger Hund als ein
todter Loͤwe! Und er hatte Recht — Ich habe
mich oft genug geſchlagen, Madame, um dieſes
ſagen zu duͤrfen — Gottlob! ich lebe! In mei¬
nen Adern kocht das rothe Leben, unter meinen
Fuͤßen zuckt die Erde, in Liebesgluth umſchlinge
ich Baͤume und Marmorbilder, und ſie werden
lebendig in meiner Umarmung. Jedes Weib iſt
mir eine geſchenkte Welt, ich ſchwelge in den
Melodien ihres Antlitzes, und mit einem einzi¬
gen Blick meines Auges kann ich mehr genießen
als Andre, mit ihren ſaͤmmtlichen Gliedmaßen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/157>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.