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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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schaudert, wenn er sein offnes Grab erblickt --
Heinrich Kleist hatte dennoch eben so viel Cou¬
rage wie seine hochbrüstigen, wohlgeschnürten
Collegen, und er hat es leider bewiesen. Aber
alle kräftige Menschen lieben das Leben. Goethes
Egmont scheidet nicht gern "von der freundli¬
chen Gewohnheit des Daseyns und Wirkens."
Immermanns Edwin hängt am Leben "wie'n
Kindlein an der Mutter Brüsten" und obgleich
es ihm hart ankömmt, durch fremde Gnade zu
leben, so fleht er dennoch um Gnade:

"Weil Leben, Athmen doch das Höchste ist."

Wenn Odysseus in der Unterwelt den Achilleus
als Führer todter Helden sieht, und ihn preist we¬
gen seines Ruhmes bey den Lebendigen und seines
Ansehens sogar bey den Todten, antwortet dieser:

"Nicht mir rede vom Tod' ein Trostwort,
edler Odysseus!

Lieber ja wollt' ich das Feld als Tagelöhner
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ſchaudert, wenn er ſein offnes Grab erblickt —
Heinrich Kleiſt hatte dennoch eben ſo viel Cou¬
rage wie ſeine hochbruͤſtigen, wohlgeſchnuͤrten
Collegen, und er hat es leider bewieſen. Aber
alle kraͤftige Menſchen lieben das Leben. Goethes
Egmont ſcheidet nicht gern „von der freundli¬
chen Gewohnheit des Daſeyns und Wirkens.“
Immermanns Edwin haͤngt am Leben „wie'n
Kindlein an der Mutter Bruͤſten“ und obgleich
es ihm hart ankoͤmmt, durch fremde Gnade zu
leben, ſo fleht er dennoch um Gnade:

„Weil Leben, Athmen doch das Hoͤchſte iſt.“

Wenn Odyſſeus in der Unterwelt den Achilleus
als Fuͤhrer todter Helden ſieht, und ihn preiſt we¬
gen ſeines Ruhmes bey den Lebendigen und ſeines
Anſehens ſogar bey den Todten, antwortet dieſer:

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edler Odyſſeus!

Lieber ja wollt' ich das Feld als Tageloͤhner
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[148/0156] ſchaudert, wenn er ſein offnes Grab erblickt — Heinrich Kleiſt hatte dennoch eben ſo viel Cou¬ rage wie ſeine hochbruͤſtigen, wohlgeſchnuͤrten Collegen, und er hat es leider bewieſen. Aber alle kraͤftige Menſchen lieben das Leben. Goethes Egmont ſcheidet nicht gern „von der freundli¬ chen Gewohnheit des Daſeyns und Wirkens.“ Immermanns Edwin haͤngt am Leben „wie'n Kindlein an der Mutter Bruͤſten“ und obgleich es ihm hart ankoͤmmt, durch fremde Gnade zu leben, ſo fleht er dennoch um Gnade: „Weil Leben, Athmen doch das Hoͤchſte iſt.“ Wenn Odyſſeus in der Unterwelt den Achilleus als Fuͤhrer todter Helden ſieht, und ihn preiſt we¬ gen ſeines Ruhmes bey den Lebendigen und ſeines Anſehens ſogar bey den Todten, antwortet dieſer: „Nicht mir rede vom Tod' ein Troſtwort, edler Odyſſeus! Lieber ja wollt' ich das Feld als Tageloͤhner beſtellen

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/156>, abgerufen am 22.11.2024.