schlagen? -- eine schöne, seidne Stimme, ein süßes Gespinnst der sonnigsten Töne, und meine Seele ward darin verstrickt und würgte sich und quälte sich. Ich selbst -- es ist der Graf vom Ganges, der jetzt spricht, und die Geschichte spielt in Venedig -- ich selbst hatte mal der¬ gleichen Quälereyen satt, und dachte schon im ersten Akte dem Spiel ein Ende zu machen, und die Schellenkappe mitsammt dem Kopfe herunter zu schießen, und ich ging nach einem Galanterie¬ laden auf der Via Burstah, wo ich ein paar schöne Pistolen in einem Kasten ausgestellt fand -- ich erinnere mich dessen noch sehr gut, es standen daneben viel freudige Spielsachen von Perlemutter und Gold, eiserne Herzen an gül¬ denen Kettlein, Porzellantassen mit zärtlichen Devisen, Schnupftabaksdosen mit hübschen Bil¬ dern, z. B. die göttliche Geschichte von der Susanna, der Schwanengesang der Leda, der Raub der Sabinerinnen, die Lukrezia, das dicke Tugendmensch, mit dem entblößten Busen, in
ſchlagen? — eine ſchoͤne, ſeidne Stimme, ein ſuͤßes Geſpinnſt der ſonnigſten Toͤne, und meine Seele ward darin verſtrickt und wuͤrgte ſich und quaͤlte ſich. Ich ſelbſt — es iſt der Graf vom Ganges, der jetzt ſpricht, und die Geſchichte ſpielt in Venedig — ich ſelbſt hatte mal der¬ gleichen Quaͤlereyen ſatt, und dachte ſchon im erſten Akte dem Spiel ein Ende zu machen, und die Schellenkappe mitſammt dem Kopfe herunter zu ſchießen, und ich ging nach einem Galanterie¬ laden auf der Via Burſtah, wo ich ein paar ſchoͤne Piſtolen in einem Kaſten ausgeſtellt fand — ich erinnere mich deſſen noch ſehr gut, es ſtanden daneben viel freudige Spielſachen von Perlemutter und Gold, eiſerne Herzen an guͤl¬ denen Kettlein, Porzellantaſſen mit zaͤrtlichen Deviſen, Schnupftabaksdoſen mit huͤbſchen Bil¬ dern, z. B. die goͤttliche Geſchichte von der Suſanna, der Schwanengeſang der Leda, der Raub der Sabinerinnen, die Lukrezia, das dicke Tugendmenſch, mit dem entbloͤßten Buſen, in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0148"n="140"/>ſchlagen? — eine ſchoͤne, ſeidne Stimme, ein<lb/>ſuͤßes Geſpinnſt der ſonnigſten Toͤne, und meine<lb/>
Seele ward darin verſtrickt und wuͤrgte ſich und<lb/>
quaͤlte ſich. Ich ſelbſt — es iſt der Graf vom<lb/>
Ganges, der jetzt ſpricht, und die Geſchichte<lb/>ſpielt in Venedig — ich ſelbſt hatte mal der¬<lb/>
gleichen Quaͤlereyen ſatt, und dachte ſchon im<lb/>
erſten Akte dem Spiel ein Ende zu machen, und<lb/>
die Schellenkappe mitſammt dem Kopfe herunter<lb/>
zu ſchießen, und ich ging nach einem Galanterie¬<lb/>
laden auf der Via Burſtah, wo ich ein paar<lb/>ſchoͤne Piſtolen in einem Kaſten ausgeſtellt fand<lb/>— ich erinnere mich deſſen noch ſehr gut, es<lb/>ſtanden daneben viel freudige Spielſachen von<lb/>
Perlemutter und Gold, eiſerne Herzen an guͤl¬<lb/>
denen Kettlein, Porzellantaſſen mit zaͤrtlichen<lb/>
Deviſen, Schnupftabaksdoſen mit huͤbſchen Bil¬<lb/>
dern, z. B. die goͤttliche Geſchichte von der<lb/>
Suſanna, der Schwanengeſang der Leda, der<lb/>
Raub der Sabinerinnen, die Lukrezia, das dicke<lb/>
Tugendmenſch, mit dem entbloͤßten Buſen, in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[140/0148]
ſchlagen? — eine ſchoͤne, ſeidne Stimme, ein
ſuͤßes Geſpinnſt der ſonnigſten Toͤne, und meine
Seele ward darin verſtrickt und wuͤrgte ſich und
quaͤlte ſich. Ich ſelbſt — es iſt der Graf vom
Ganges, der jetzt ſpricht, und die Geſchichte
ſpielt in Venedig — ich ſelbſt hatte mal der¬
gleichen Quaͤlereyen ſatt, und dachte ſchon im
erſten Akte dem Spiel ein Ende zu machen, und
die Schellenkappe mitſammt dem Kopfe herunter
zu ſchießen, und ich ging nach einem Galanterie¬
laden auf der Via Burſtah, wo ich ein paar
ſchoͤne Piſtolen in einem Kaſten ausgeſtellt fand
— ich erinnere mich deſſen noch ſehr gut, es
ſtanden daneben viel freudige Spielſachen von
Perlemutter und Gold, eiſerne Herzen an guͤl¬
denen Kettlein, Porzellantaſſen mit zaͤrtlichen
Deviſen, Schnupftabaksdoſen mit huͤbſchen Bil¬
dern, z. B. die goͤttliche Geſchichte von der
Suſanna, der Schwanengeſang der Leda, der
Raub der Sabinerinnen, die Lukrezia, das dicke
Tugendmenſch, mit dem entbloͤßten Buſen, in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/148>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.