ersinnen. Dagegen ist Dante's Schilderung etwas zu mäßig, im Ganzen allzupoetisch. Mir erschien die Hölle wie eine große bürgerliche Küche, mit einem unendlich langen Ofen, worauf drey Reihen eiserne Töpfe standen, und in diesen saßen die Verdammten und wurden gebraten. In der einen Reihe saßen die christlichen Sün¬ der, und sollte man es wohl glauben! ihre Anzahl war nicht allzuklein, und die Teufel schürten unter ihnen das Feuer mit besonderer Geschäftigkeit. In der anderen Reihe saßen die Juden, die beständig schrieen und von den Teufeln zuweilen geneckt wurden, wie es sich denn gar poßierlich ausnahm, als ein dicker, pustender Pfänderverleiher über allzugroße Hitze klagte, und ein Teufelchen ihm einige Eimer kaltes Wasser über den Kopf goß, damit er sähe, daß die Taufe eine wahre erfrischende Wohlthat sey. In der dritten Reihe saßen die Heiden, die, eben so wie die Juden, der Selig¬ keit nicht theilhaftig werden können, und ewig
erſinnen. Dagegen iſt Dante's Schilderung etwas zu maͤßig, im Ganzen allzupoetiſch. Mir erſchien die Hoͤlle wie eine große buͤrgerliche Kuͤche, mit einem unendlich langen Ofen, worauf drey Reihen eiſerne Toͤpfe ſtanden, und in dieſen ſaßen die Verdammten und wurden gebraten. In der einen Reihe ſaßen die chriſtlichen Suͤn¬ der, und ſollte man es wohl glauben! ihre Anzahl war nicht allzuklein, und die Teufel ſchuͤrten unter ihnen das Feuer mit beſonderer Geſchaͤftigkeit. In der anderen Reihe ſaßen die Juden, die beſtaͤndig ſchrieen und von den Teufeln zuweilen geneckt wurden, wie es ſich denn gar poßierlich ausnahm, als ein dicker, puſtender Pfaͤnderverleiher uͤber allzugroße Hitze klagte, und ein Teufelchen ihm einige Eimer kaltes Waſſer uͤber den Kopf goß, damit er ſaͤhe, daß die Taufe eine wahre erfriſchende Wohlthat ſey. In der dritten Reihe ſaßen die Heiden, die, eben ſo wie die Juden, der Selig¬ keit nicht theilhaftig werden koͤnnen, und ewig
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erſinnen. Dagegen iſt Dante's Schilderung
etwas zu maͤßig, im Ganzen allzupoetiſch. Mir
erſchien die Hoͤlle wie eine große buͤrgerliche
Kuͤche, mit einem unendlich langen Ofen, worauf
drey Reihen eiſerne Toͤpfe ſtanden, und in dieſen
ſaßen die Verdammten und wurden gebraten.
In der einen Reihe ſaßen die chriſtlichen Suͤn¬
der, und ſollte man es wohl glauben! ihre
Anzahl war nicht allzuklein, und die Teufel
ſchuͤrten unter ihnen das Feuer mit beſonderer
Geſchaͤftigkeit. In der anderen Reihe ſaßen die
Juden, die beſtaͤndig ſchrieen und von den
Teufeln zuweilen geneckt wurden, wie es ſich
denn gar poßierlich ausnahm, als ein dicker,
puſtender Pfaͤnderverleiher uͤber allzugroße Hitze
klagte, und ein Teufelchen ihm einige Eimer
kaltes Waſſer uͤber den Kopf goß, damit er
ſaͤhe, daß die Taufe eine wahre erfriſchende
Wohlthat ſey. In der dritten Reihe ſaßen die
Heiden, die, eben ſo wie die Juden, der Selig¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/145>, abgerufen am 23.11.2024.
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