Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.In die Kirche ging ich Morgens, um Komödien zu schauen, Abends in's Theater, um mich an der Predigt zu erbauen. Selbst der liebe Gott verlieret sehr bey mir an dem Gewichte, Weil nach ihrem Ebenbilde schnitzen ihn viel tausend Wichte. Wenn ich Euch gefall', ihr Leute, dünk' ich mich ein Leineweber, Aber, wenn ich Euch verdrieße, seht, das stärkt mir meine Leber. "Ganz bewältigt er die Sprache"; ja, es ist, sich todt zu lachen, Seht nur, was für tolle Sprünge lässet er die Arme machen. In die Kirche ging ich Morgens, um Komoͤdien zu ſchauen, Abends in's Theater, um mich an der Predigt zu erbauen. Selbſt der liebe Gott verlieret ſehr bey mir an dem Gewichte, Weil nach ihrem Ebenbilde ſchnitzen ihn viel tauſend Wichte. Wenn ich Euch gefall', ihr Leute, duͤnk' ich mich ein Leineweber, Aber, wenn ich Euch verdrieße, ſeht, das ſtaͤrkt mir meine Leber. “Ganz bewaͤltigt er die Sprache”; ja, es iſt, ſich todt zu lachen, Seht nur, was fuͤr tolle Spruͤnge laͤſſet er die Arme machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0132" n="124"/> <lg type="poem"> <l>In die Kirche ging ich Morgens, um Komoͤdien<lb/> zu ſchauen,</l><lb/> <l>Abends in's Theater, um mich an der Predigt<lb/> zu erbauen.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Selbſt der liebe Gott verlieret ſehr bey mir an<lb/> dem Gewichte,</l><lb/> <l>Weil nach ihrem Ebenbilde ſchnitzen ihn viel<lb/> tauſend Wichte.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Wenn ich Euch gefall', ihr Leute, duͤnk' ich mich<lb/> ein Leineweber,</l><lb/> <l>Aber, wenn ich Euch verdrieße, ſeht, das ſtaͤrkt<lb/> mir meine Leber.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>“Ganz bewaͤltigt er die Sprache”; ja, es iſt,<lb/> ſich todt zu lachen,</l><lb/> <l>Seht nur, was fuͤr tolle Spruͤnge laͤſſet er die<lb/> Arme machen.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0132]
In die Kirche ging ich Morgens, um Komoͤdien
zu ſchauen,
Abends in's Theater, um mich an der Predigt
zu erbauen.
Selbſt der liebe Gott verlieret ſehr bey mir an
dem Gewichte,
Weil nach ihrem Ebenbilde ſchnitzen ihn viel
tauſend Wichte.
Wenn ich Euch gefall', ihr Leute, duͤnk' ich mich
ein Leineweber,
Aber, wenn ich Euch verdrieße, ſeht, das ſtaͤrkt
mir meine Leber.
“Ganz bewaͤltigt er die Sprache”; ja, es iſt,
ſich todt zu lachen,
Seht nur, was fuͤr tolle Spruͤnge laͤſſet er die
Arme machen.
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