kränzt worden; und doch hatte Spanien, mit Feuer und Schwert, den alten Glauben der Me¬ xikaner zerstört, und seit drey Jahrhunderten ihre Gemüther gar stark umgewühlt und gepflügt und mit Christenthum besäet. Solche Blumen aber blühen auch in den Walter-Scott'schen Dich¬ tungen, diese Dichtungen selbst wecken die alten Gefühle, und wie einst in Granada Männer und Weiber mit dem Geheul der Verzweiflung aus den Häusern stürzten, wenn das Lied vom Einzug des Maurenkönigs auf den Straßen er¬ klang, dergestalt, daß bey Todesstrafe verboten wurde, es zu singen: so hat der Ton, der in den Scott'schen Dichtungen herrscht, eine ganze Welt schmerzhaft erschüttert. Dieser Ton klingt wieder in den Herzen unseres Adels, der seine Schlösser und Wappen verfallen sieht, er klingt wieder in den Herzen des Bürgers, dem die be¬ haglich enge Weise der Altvordern verdrängt wird durch weite, unerfreuliche Modernität; er klingt wieder in katholischen Domen, woraus der
kraͤnzt worden; und doch hatte Spanien, mit Feuer und Schwert, den alten Glauben der Me¬ xikaner zerſtoͤrt, und ſeit drey Jahrhunderten ihre Gemuͤther gar ſtark umgewuͤhlt und gepfluͤgt und mit Chriſtenthum beſaͤet. Solche Blumen aber bluͤhen auch in den Walter-Scott'ſchen Dich¬ tungen, dieſe Dichtungen ſelbſt wecken die alten Gefuͤhle, und wie einſt in Granada Maͤnner und Weiber mit dem Geheul der Verzweiflung aus den Haͤuſern ſtuͤrzten, wenn das Lied vom Einzug des Maurenkoͤnigs auf den Straßen er¬ klang, dergeſtalt, daß bey Todesſtrafe verboten wurde, es zu ſingen: ſo hat der Ton, der in den Scott'ſchen Dichtungen herrſcht, eine ganze Welt ſchmerzhaft erſchuͤttert. Dieſer Ton klingt wieder in den Herzen unſeres Adels, der ſeine Schloͤſſer und Wappen verfallen ſieht, er klingt wieder in den Herzen des Buͤrgers, dem die be¬ haglich enge Weiſe der Altvordern verdraͤngt wird durch weite, unerfreuliche Modernitaͤt; er klingt wieder in katholiſchen Domen, woraus der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0109"n="101"/>
kraͤnzt worden; und doch hatte Spanien, mit<lb/>
Feuer und Schwert, den alten Glauben der Me¬<lb/>
xikaner zerſtoͤrt, und ſeit drey Jahrhunderten<lb/>
ihre Gemuͤther gar ſtark umgewuͤhlt und gepfluͤgt<lb/>
und mit Chriſtenthum beſaͤet. Solche Blumen<lb/>
aber bluͤhen auch in den Walter-Scott'ſchen Dich¬<lb/>
tungen, dieſe Dichtungen ſelbſt wecken die alten<lb/>
Gefuͤhle, <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> wie einſt in Granada Maͤnner<lb/>
und Weiber mit dem Geheul der Verzweiflung<lb/>
aus den Haͤuſern ſtuͤrzten, wenn das Lied vom<lb/>
Einzug des Maurenkoͤnigs auf den Straßen er¬<lb/>
klang, dergeſtalt, daß bey Todesſtrafe verboten<lb/>
wurde, es zu ſingen: ſo hat der Ton, der in<lb/>
den Scott'ſchen Dichtungen herrſcht, eine ganze<lb/>
Welt ſchmerzhaft erſchuͤttert. Dieſer Ton klingt<lb/>
wieder in den Herzen unſeres Adels, der ſeine<lb/>
Schloͤſſer und Wappen verfallen ſieht, er klingt<lb/>
wieder in den Herzen des Buͤrgers, dem die be¬<lb/>
haglich enge Weiſe der Altvordern verdraͤngt<lb/>
wird durch weite, unerfreuliche Modernitaͤt; er<lb/>
klingt wieder in katholiſchen Domen, woraus der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[101/0109]
kraͤnzt worden; und doch hatte Spanien, mit
Feuer und Schwert, den alten Glauben der Me¬
xikaner zerſtoͤrt, und ſeit drey Jahrhunderten
ihre Gemuͤther gar ſtark umgewuͤhlt und gepfluͤgt
und mit Chriſtenthum beſaͤet. Solche Blumen
aber bluͤhen auch in den Walter-Scott'ſchen Dich¬
tungen, dieſe Dichtungen ſelbſt wecken die alten
Gefuͤhle, und wie einſt in Granada Maͤnner
und Weiber mit dem Geheul der Verzweiflung
aus den Haͤuſern ſtuͤrzten, wenn das Lied vom
Einzug des Maurenkoͤnigs auf den Straßen er¬
klang, dergeſtalt, daß bey Todesſtrafe verboten
wurde, es zu ſingen: ſo hat der Ton, der in
den Scott'ſchen Dichtungen herrſcht, eine ganze
Welt ſchmerzhaft erſchuͤttert. Dieſer Ton klingt
wieder in den Herzen unſeres Adels, der ſeine
Schloͤſſer und Wappen verfallen ſieht, er klingt
wieder in den Herzen des Buͤrgers, dem die be¬
haglich enge Weiſe der Altvordern verdraͤngt
wird durch weite, unerfreuliche Modernitaͤt; er
klingt wieder in katholiſchen Domen, woraus der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/109>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.