tet sich überall, in der Stadt blitzen freudig die Fensterscheiben der Häuser, an den Dächern bauen die Spatzen wieder ihre Nestchen, auf der Straße wandeln die Leute und wundern sich, daß die Luft so angreifend und ihnen selbst so wunder¬ lich zu Muth ist, die bunten Vierlanderinnen bringen Veilchensträußer, die Waisenkinder, mit ihren blauen Jäckchen und ihren lieben, unehlichen Gesichtchen, ziehen über den Jungfernstieg und freuen sich, als sollten sie heute einen Vater wie¬ derfinden, der Bettler an der Brücke schaut so vergnügt, als hätte er das große Loos gewonnen, sogar den schwarzen, noch ungehenkten Makler, der dort mit seinem spitzbübischen Manufaktur¬ waaren-Gesicht einherläuft, bescheint die Sonne mit ihren tolerantesten Strahlen, -- ich will hin¬ auswandern vor das Thor.
Es ist der erste May, und ich denke deiner, du schöne Ilse -- oder soll ich dich "Agnes" nen¬ nen, weil dir dieser Name am besten gefällt? -- ich denke deiner, und ich möchte wieder zusehen
tet ſich uͤberall, in der Stadt blitzen freudig die Fenſterſcheiben der Haͤuſer, an den Daͤchern bauen die Spatzen wieder ihre Neſtchen, auf der Straße wandeln die Leute und wundern ſich, daß die Luft ſo angreifend und ihnen ſelbſt ſo wunder¬ lich zu Muth iſt, die bunten Vierlanderinnen bringen Veilchenſtraͤußer, die Waiſenkinder, mit ihren blauen Jaͤckchen und ihren lieben, unehlichen Geſichtchen, ziehen uͤber den Jungfernſtieg und freuen ſich, als ſollten ſie heute einen Vater wie¬ derfinden, der Bettler an der Bruͤcke ſchaut ſo vergnuͤgt, als haͤtte er das große Loos gewonnen, ſogar den ſchwarzen, noch ungehenkten Makler, der dort mit ſeinem ſpitzbuͤbiſchen Manufaktur¬ waaren-Geſicht einherlaͤuft, beſcheint die Sonne mit ihren toleranteſten Strahlen, — ich will hin¬ auswandern vor das Thor.
Es iſt der erſte May, und ich denke deiner, du ſchoͤne Ilſe — oder ſoll ich dich “Agnes” nen¬ nen, weil dir dieſer Name am beſten gefaͤllt? — ich denke deiner, und ich moͤchte wieder zuſehen
<TEI><text><body><divtype="poem"n="1"><p><pbfacs="#f0268"n="256"/>
tet ſich uͤberall, in der Stadt blitzen freudig die<lb/>
Fenſterſcheiben der Haͤuſer, an den Daͤchern<lb/>
bauen die Spatzen wieder ihre Neſtchen, auf der<lb/>
Straße wandeln die Leute und wundern ſich, daß<lb/>
die Luft ſo angreifend und ihnen ſelbſt ſo wunder¬<lb/>
lich zu Muth iſt, die bunten Vierlanderinnen<lb/>
bringen Veilchenſtraͤußer, die Waiſenkinder, mit<lb/>
ihren blauen Jaͤckchen und ihren lieben, unehlichen<lb/>
Geſichtchen, ziehen uͤber den Jungfernſtieg und<lb/>
freuen ſich, als ſollten ſie heute einen Vater wie¬<lb/>
derfinden, der Bettler an der Bruͤcke ſchaut ſo<lb/>
vergnuͤgt, als haͤtte er das große Loos gewonnen,<lb/>ſogar den ſchwarzen, noch ungehenkten Makler,<lb/>
der dort mit ſeinem ſpitzbuͤbiſchen Manufaktur¬<lb/>
waaren-Geſicht einherlaͤuft, beſcheint die Sonne<lb/>
mit ihren toleranteſten Strahlen, — ich will hin¬<lb/>
auswandern vor das Thor.</p><lb/><p>Es iſt der erſte May, und ich denke deiner,<lb/>
du ſchoͤne Ilſe — oder ſoll ich dich “Agnes” nen¬<lb/>
nen, weil dir dieſer Name am beſten gefaͤllt? —<lb/>
ich denke deiner, und ich moͤchte wieder zuſehen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[256/0268]
tet ſich uͤberall, in der Stadt blitzen freudig die
Fenſterſcheiben der Haͤuſer, an den Daͤchern
bauen die Spatzen wieder ihre Neſtchen, auf der
Straße wandeln die Leute und wundern ſich, daß
die Luft ſo angreifend und ihnen ſelbſt ſo wunder¬
lich zu Muth iſt, die bunten Vierlanderinnen
bringen Veilchenſtraͤußer, die Waiſenkinder, mit
ihren blauen Jaͤckchen und ihren lieben, unehlichen
Geſichtchen, ziehen uͤber den Jungfernſtieg und
freuen ſich, als ſollten ſie heute einen Vater wie¬
derfinden, der Bettler an der Bruͤcke ſchaut ſo
vergnuͤgt, als haͤtte er das große Loos gewonnen,
ſogar den ſchwarzen, noch ungehenkten Makler,
der dort mit ſeinem ſpitzbuͤbiſchen Manufaktur¬
waaren-Geſicht einherlaͤuft, beſcheint die Sonne
mit ihren toleranteſten Strahlen, — ich will hin¬
auswandern vor das Thor.
Es iſt der erſte May, und ich denke deiner,
du ſchoͤne Ilſe — oder ſoll ich dich “Agnes” nen¬
nen, weil dir dieſer Name am beſten gefaͤllt? —
ich denke deiner, und ich moͤchte wieder zuſehen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/268>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.