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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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Ich kann nicht umhin, hier ebenfalls anzudeu¬
ten: daß der Oberharz, jener Theil des Harzes,
den ich bis zum Anfang des Ilsethals beschrieben
habe, bey weitem keinen so erfreulichen Anblick
wie der romantisch malerische Unterharz gewährt,
und in seiner wildschroffen, tannendunklen Schön¬
heit gar sehr mit demselben kontrastirt; so wie
ebenfalls die drey, von der Ilse, von der Bode und
von der Selke gebildeten Thäler des Unterharzes
gar anmuthig unter einander kontrastiren, wenn man
den Charakter jedes Thales zu personifiziren weiß.
Es sind drey Frauengestalten, wovon man nicht so
leicht zu entscheiden vermag, welche die Schönste sey.

Von der lieben, süßen Ilse und wie süß und
lieblich sie mich empfangen, habe ich schon gesagt
und gesungen. Die düstere Schöne, die Bode,
empfing mich nicht so gnädig, und als ich sie im
schmiededunklen Rübeland zuerst erblickte, schien
sie gar mürrisch und verhüllte sich in einen silber¬
grauen Regenschleyer; aber mit rascher Liebe warf
sie ihn ab, als ich auf die Höhe der Roßtrappe

Ich kann nicht umhin, hier ebenfalls anzudeu¬
ten: daß der Oberharz, jener Theil des Harzes,
den ich bis zum Anfang des Ilſethals beſchrieben
habe, bey weitem keinen ſo erfreulichen Anblick
wie der romantiſch maleriſche Unterharz gewaͤhrt,
und in ſeiner wildſchroffen, tannendunklen Schoͤn¬
heit gar ſehr mit demſelben kontraſtirt; ſo wie
ebenfalls die drey, von der Ilſe, von der Bode und
von der Selke gebildeten Thaͤler des Unterharzes
gar anmuthig unter einander kontraſtiren, wenn man
den Charakter jedes Thales zu perſonifiziren weiß.
Es ſind drey Frauengeſtalten, wovon man nicht ſo
leicht zu entſcheiden vermag, welche die Schoͤnſte ſey.

Von der lieben, ſuͤßen Ilſe und wie ſuͤß und
lieblich ſie mich empfangen, habe ich ſchon geſagt
und geſungen. Die duͤſtere Schoͤne, die Bode,
empfing mich nicht ſo gnaͤdig, und als ich ſie im
ſchmiededunklen Ruͤbeland zuerſt erblickte, ſchien
ſie gar muͤrriſch und verhuͤllte ſich in einen ſilber¬
grauen Regenſchleyer; aber mit raſcher Liebe warf
ſie ihn ab, als ich auf die Hoͤhe der Roßtrappe

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[253/0265] Ich kann nicht umhin, hier ebenfalls anzudeu¬ ten: daß der Oberharz, jener Theil des Harzes, den ich bis zum Anfang des Ilſethals beſchrieben habe, bey weitem keinen ſo erfreulichen Anblick wie der romantiſch maleriſche Unterharz gewaͤhrt, und in ſeiner wildſchroffen, tannendunklen Schoͤn¬ heit gar ſehr mit demſelben kontraſtirt; ſo wie ebenfalls die drey, von der Ilſe, von der Bode und von der Selke gebildeten Thaͤler des Unterharzes gar anmuthig unter einander kontraſtiren, wenn man den Charakter jedes Thales zu perſonifiziren weiß. Es ſind drey Frauengeſtalten, wovon man nicht ſo leicht zu entſcheiden vermag, welche die Schoͤnſte ſey. Von der lieben, ſuͤßen Ilſe und wie ſuͤß und lieblich ſie mich empfangen, habe ich ſchon geſagt und geſungen. Die duͤſtere Schoͤne, die Bode, empfing mich nicht ſo gnaͤdig, und als ich ſie im ſchmiededunklen Ruͤbeland zuerſt erblickte, ſchien ſie gar muͤrriſch und verhuͤllte ſich in einen ſilber¬ grauen Regenſchleyer; aber mit raſcher Liebe warf ſie ihn ab, als ich auf die Hoͤhe der Roßtrappe

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/265>, abgerufen am 25.08.2024.