Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

noch größer ist als ich ihn ausgesprochen, doch
lange nicht so groß ist wie die Verehrung, die ich
für einige Individuen dort empfinde. Und warum
sollte ich es verschweigen, ich meyne hier ganz be¬
sonders jenen viel theueren Mann, der schon in
frühern Zeiten sich so freundlich meiner annahm,
mir schon damals eine innige Liebe für das Stu¬
dium der Geschichte einflößte, mich späterhin in
dem Eifer für dasselbe bestärkte, und dadurch mei¬
nen Geist auf ruhigere Bahnen führte, meinem
Lebensmuthe heilsamere Richtungen anwies, und
mir überhaupt jene historischen Tröstungen berei¬
tete, ohne welche ich die qualvollen Erscheinungen
des Tages nimmermehr ertragen würde. Ich
spreche von Georg Sartorius, dem großen Ge¬
schichtsforscher und Menschen, dessen Auge ein
klarer Stern ist in unserer dunklen Zeit, und
dessen gastliches Herz offen steht für alle fremde
Leiden und Freuden, für die Besorgnisse des Bett¬
lers und des Königs, und für die letzten Seufzer
untergehender Völker und ihrer Götter. --

noch groͤßer iſt als ich ihn ausgeſprochen, doch
lange nicht ſo groß iſt wie die Verehrung, die ich
fuͤr einige Individuen dort empfinde. Und warum
ſollte ich es verſchweigen, ich meyne hier ganz be¬
ſonders jenen viel theueren Mann, der ſchon in
fruͤhern Zeiten ſich ſo freundlich meiner annahm,
mir ſchon damals eine innige Liebe fuͤr das Stu¬
dium der Geſchichte einfloͤßte, mich ſpaͤterhin in
dem Eifer fuͤr daſſelbe beſtaͤrkte, und dadurch mei¬
nen Geiſt auf ruhigere Bahnen fuͤhrte, meinem
Lebensmuthe heilſamere Richtungen anwies, und
mir uͤberhaupt jene hiſtoriſchen Troͤſtungen berei¬
tete, ohne welche ich die qualvollen Erſcheinungen
des Tages nimmermehr ertragen wuͤrde. Ich
ſpreche von Georg Sartorius, dem großen Ge¬
ſchichtsforſcher und Menſchen, deſſen Auge ein
klarer Stern iſt in unſerer dunklen Zeit, und
deſſen gaſtliches Herz offen ſteht fuͤr alle fremde
Leiden und Freuden, fuͤr die Beſorgniſſe des Bett¬
lers und des Koͤnigs, und fuͤr die letzten Seufzer
untergehender Voͤlker und ihrer Goͤtter. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="poem" n="1">
        <p><pb facs="#f0264" n="252"/>
noch gro&#x0364;ßer i&#x017F;t als ich ihn ausge&#x017F;prochen, doch<lb/>
lange nicht &#x017F;o groß i&#x017F;t wie die Verehrung, die ich<lb/>
fu&#x0364;r einige Individuen dort empfinde. Und warum<lb/>
&#x017F;ollte ich es ver&#x017F;chweigen, ich meyne hier ganz be¬<lb/>
&#x017F;onders jenen viel theueren Mann, der &#x017F;chon in<lb/>
fru&#x0364;hern Zeiten &#x017F;ich &#x017F;o freundlich meiner annahm,<lb/>
mir &#x017F;chon damals eine innige Liebe fu&#x0364;r das Stu¬<lb/>
dium der Ge&#x017F;chichte einflo&#x0364;ßte, mich &#x017F;pa&#x0364;terhin in<lb/>
dem Eifer fu&#x0364;r da&#x017F;&#x017F;elbe be&#x017F;ta&#x0364;rkte, und dadurch mei¬<lb/>
nen Gei&#x017F;t auf ruhigere Bahnen fu&#x0364;hrte, meinem<lb/>
Lebensmuthe heil&#x017F;amere Richtungen anwies, und<lb/>
mir u&#x0364;berhaupt jene hi&#x017F;tori&#x017F;chen Tro&#x0364;&#x017F;tungen berei¬<lb/>
tete, ohne welche ich die qualvollen Er&#x017F;cheinungen<lb/>
des Tages nimmermehr ertragen wu&#x0364;rde. Ich<lb/>
&#x017F;preche von Georg Sartorius, dem großen Ge¬<lb/>
&#x017F;chichtsfor&#x017F;cher und Men&#x017F;chen, de&#x017F;&#x017F;en Auge ein<lb/>
klarer Stern i&#x017F;t in un&#x017F;erer dunklen Zeit, und<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en ga&#x017F;tliches Herz offen &#x017F;teht fu&#x0364;r alle fremde<lb/>
Leiden und Freuden, fu&#x0364;r die Be&#x017F;orgni&#x017F;&#x017F;e des Bett¬<lb/>
lers und des Ko&#x0364;nigs, und fu&#x0364;r die letzten Seufzer<lb/>
untergehender Vo&#x0364;lker und ihrer Go&#x0364;tter. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0264] noch groͤßer iſt als ich ihn ausgeſprochen, doch lange nicht ſo groß iſt wie die Verehrung, die ich fuͤr einige Individuen dort empfinde. Und warum ſollte ich es verſchweigen, ich meyne hier ganz be¬ ſonders jenen viel theueren Mann, der ſchon in fruͤhern Zeiten ſich ſo freundlich meiner annahm, mir ſchon damals eine innige Liebe fuͤr das Stu¬ dium der Geſchichte einfloͤßte, mich ſpaͤterhin in dem Eifer fuͤr daſſelbe beſtaͤrkte, und dadurch mei¬ nen Geiſt auf ruhigere Bahnen fuͤhrte, meinem Lebensmuthe heilſamere Richtungen anwies, und mir uͤberhaupt jene hiſtoriſchen Troͤſtungen berei¬ tete, ohne welche ich die qualvollen Erſcheinungen des Tages nimmermehr ertragen wuͤrde. Ich ſpreche von Georg Sartorius, dem großen Ge¬ ſchichtsforſcher und Menſchen, deſſen Auge ein klarer Stern iſt in unſerer dunklen Zeit, und deſſen gaſtliches Herz offen ſteht fuͤr alle fremde Leiden und Freuden, fuͤr die Beſorgniſſe des Bett¬ lers und des Koͤnigs, und fuͤr die letzten Seufzer untergehender Voͤlker und ihrer Goͤtter. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/264
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/264>, abgerufen am 25.08.2024.