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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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meines Welkens ist nahe, nahe der Sturm, der
meine Blätter herabstört! Morgen wird der Wan¬
derer kommen, kommen der mich sah in meiner
Schönheit, ringsum wird sein Auge im Felde mich
suchen, und wird mich nicht finden. -- " Aber
Alles übertobte die wohlbekannte Baßstimme, die
draußen vor der Thüre, unter Fluchen und Jauch¬
zen, sich gottlästerlich beklagte: daß auf der ganzen
dunkeln Weenderstraße keine einzige Laterne brenne,
und man nicht einmal sehen könne, bey wem man
die Fensterscheiben eingeschmissen habe.

Ich kann viel vertragen -- die Bescheidenheit
erlaubt mir nicht, die Bouteillen-Zahl zu nennen
-- und ziemlich gut conditionirt gelangte ich nach
meinem Schlafzimmer. Der junge Kaufmann lag
schon im Bette, mit seiner kreideweißen Nachtmütze
und safrangelben Jacke von Gesundheits-Flanell.
Er schlief noch nicht und suchte ein Gespräch mit
mir anzuknüpfen. Er war ein Frankfurt-am-
Mayner, und folglich sprach er gleich von den
Juden, die alles Gefühl für das Schöne und Edle

meines Welkens iſt nahe, nahe der Sturm, der
meine Blaͤtter herabſtoͤrt! Morgen wird der Wan¬
derer kommen, kommen der mich ſah in meiner
Schoͤnheit, ringsum wird ſein Auge im Felde mich
ſuchen, und wird mich nicht finden. — “ Aber
Alles uͤbertobte die wohlbekannte Baßſtimme, die
draußen vor der Thuͤre, unter Fluchen und Jauch¬
zen, ſich gottlaͤſterlich beklagte: daß auf der ganzen
dunkeln Weenderſtraße keine einzige Laterne brenne,
und man nicht einmal ſehen koͤnne, bey wem man
die Fenſterſcheiben eingeſchmiſſen habe.

Ich kann viel vertragen — die Beſcheidenheit
erlaubt mir nicht, die Bouteillen-Zahl zu nennen
— und ziemlich gut conditionirt gelangte ich nach
meinem Schlafzimmer. Der junge Kaufmann lag
ſchon im Bette, mit ſeiner kreideweißen Nachtmuͤtze
und ſafrangelben Jacke von Geſundheits-Flanell.
Er ſchlief noch nicht und ſuchte ein Geſpraͤch mit
mir anzuknuͤpfen. Er war ein Frankfurt-am-
Mayner, und folglich ſprach er gleich von den
Juden, die alles Gefuͤhl fuͤr das Schoͤne und Edle

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[230/0242] meines Welkens iſt nahe, nahe der Sturm, der meine Blaͤtter herabſtoͤrt! Morgen wird der Wan¬ derer kommen, kommen der mich ſah in meiner Schoͤnheit, ringsum wird ſein Auge im Felde mich ſuchen, und wird mich nicht finden. — “ Aber Alles uͤbertobte die wohlbekannte Baßſtimme, die draußen vor der Thuͤre, unter Fluchen und Jauch¬ zen, ſich gottlaͤſterlich beklagte: daß auf der ganzen dunkeln Weenderſtraße keine einzige Laterne brenne, und man nicht einmal ſehen koͤnne, bey wem man die Fenſterſcheiben eingeſchmiſſen habe. Ich kann viel vertragen — die Beſcheidenheit erlaubt mir nicht, die Bouteillen-Zahl zu nennen — und ziemlich gut conditionirt gelangte ich nach meinem Schlafzimmer. Der junge Kaufmann lag ſchon im Bette, mit ſeiner kreideweißen Nachtmuͤtze und ſafrangelben Jacke von Geſundheits-Flanell. Er ſchlief noch nicht und ſuchte ein Geſpraͤch mit mir anzuknuͤpfen. Er war ein Frankfurt-am- Mayner, und folglich ſprach er gleich von den Juden, die alles Gefuͤhl fuͤr das Schoͤne und Edle

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/242>, abgerufen am 04.12.2024.