nem Anblick erfreuen sich die Wolken, und es lichten sich ihre düstern Gestalten. Wer gleicht dir am Himmel, Erzeugte der Nacht? Beschämt, in deiner Gegenwart, sind die Sterne, und wenden ab die grünfunkelnden Augen. Wohin, wenn des Morgens dein Antlitz erbleicht, entfliehst du von deinem Pfade? Hast du gleich mir deine Halle? Wohnst du im Schatten der Wehmuth? Sind deine Schwestern vom Himmel gefallen? Sie, die freudig mit dir die Nacht durchwallten, sind sie nicht mehr? Ja, sie fielen herab, o schönes Licht, und du verbirgst dich oft, sie zu betrauern. Doch einst wird kommen die Nacht, und du, auch du bist vergangen, und hast deine blauen Pfade dort oben verlassen. Dann erheben die Sterne ihre grünen Häupter, die einst deine Gegenwart be¬ schämt, sie werden sich freuen. Doch jetzt bist du gekleidet in deiner Strahlenpracht und schaust herab aus den Thoren des Himmels. Zerreißt die Wol¬ ken, o Winde, damit die Erzeugte der Nacht her¬ vor zu leuchten vermag, und die buschigen Berge
nem Anblick erfreuen ſich die Wolken, und es lichten ſich ihre duͤſtern Geſtalten. Wer gleicht dir am Himmel, Erzeugte der Nacht? Beſchaͤmt, in deiner Gegenwart, ſind die Sterne, und wenden ab die gruͤnfunkelnden Augen. Wohin, wenn des Morgens dein Antlitz erbleicht, entfliehſt du von deinem Pfade? Haſt du gleich mir deine Halle? Wohnſt du im Schatten der Wehmuth? Sind deine Schweſtern vom Himmel gefallen? Sie, die freudig mit dir die Nacht durchwallten, ſind ſie nicht mehr? Ja, ſie fielen herab, o ſchoͤnes Licht, und du verbirgſt dich oft, ſie zu betrauern. Doch einſt wird kommen die Nacht, und du, auch du biſt vergangen, und haſt deine blauen Pfade dort oben verlaſſen. Dann erheben die Sterne ihre gruͤnen Haͤupter, die einſt deine Gegenwart be¬ ſchaͤmt, ſie werden ſich freuen. Doch jetzt biſt du gekleidet in deiner Strahlenpracht und ſchauſt herab aus den Thoren des Himmels. Zerreißt die Wol¬ ken, o Winde, damit die Erzeugte der Nacht her¬ vor zu leuchten vermag, und die buſchigen Berge
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nem Anblick erfreuen ſich die Wolken, und es
lichten ſich ihre duͤſtern Geſtalten. Wer gleicht dir
am Himmel, Erzeugte der Nacht? Beſchaͤmt, in
deiner Gegenwart, ſind die Sterne, und wenden
ab die gruͤnfunkelnden Augen. Wohin, wenn des
Morgens dein Antlitz erbleicht, entfliehſt du von
deinem Pfade? Haſt du gleich mir deine Halle?
Wohnſt du im Schatten der Wehmuth? Sind
deine Schweſtern vom Himmel gefallen? Sie, die
freudig mit dir die Nacht durchwallten, ſind ſie
nicht mehr? Ja, ſie fielen herab, o ſchoͤnes Licht,
und du verbirgſt dich oft, ſie zu betrauern. Doch
einſt wird kommen die Nacht, und du, auch du
biſt vergangen, und haſt deine blauen Pfade dort
oben verlaſſen. Dann erheben die Sterne ihre
gruͤnen Haͤupter, die einſt deine Gegenwart be¬
ſchaͤmt, ſie werden ſich freuen. Doch jetzt biſt du
gekleidet in deiner Strahlenpracht und ſchauſt herab
aus den Thoren des Himmels. Zerreißt die Wol¬
ken, o Winde, damit die Erzeugte der Nacht her¬
vor zu leuchten vermag, und die buſchigen Berge
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/240>, abgerufen am 05.12.2024.
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