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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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senthal blitzte wie eine diamantenbesäete Golddecke,
und der Hirt schritt darüber hin mit seiner läuten¬
den Heerde. Ich mochte mich wohl eigentlich ver¬
irrt haben. Man schlägt immer Seitenwege und
Fußsteige ein, und glaubt dadurch näher zum Ziele
zu gelangen. Wie im Leben überhaupt, geht's uns
auch auf dem Harze. Aber es giebt immer gute
Seelen, die uns wieder auf den rechten Weg brin¬
gen; sie thun es gern, und finden noch obendrein
ein besonderes Vergnügen daran, wenn sie uns
mit selbstgefälliger Miene und wohlwollend lauter
Stimme bedeuten: welche große Umwege wir ge¬
macht, in welche Abgründe und Sümpfe wir ver¬
sinken konnten, und welch ein Glück es sey, daß
wir so wegkundige Leute, wie sie sind, noch zeitig
angetroffen. Einen solchen Berichtiger fand ich
unweit der Harzburg. Es war ein wohlgenährter
Bürger von Goslar, ein glänzend wampiges,
dummkluges Gesicht; er sah aus, als habe er
die Viehseuche erfunden. Wir gingen eine
Strecke zusammen, und er erzählte mir allerlei

ſenthal blitzte wie eine diamantenbeſaͤete Golddecke,
und der Hirt ſchritt daruͤber hin mit ſeiner laͤuten¬
den Heerde. Ich mochte mich wohl eigentlich ver¬
irrt haben. Man ſchlaͤgt immer Seitenwege und
Fußſteige ein, und glaubt dadurch naͤher zum Ziele
zu gelangen. Wie im Leben uͤberhaupt, geht's uns
auch auf dem Harze. Aber es giebt immer gute
Seelen, die uns wieder auf den rechten Weg brin¬
gen; ſie thun es gern, und finden noch obendrein
ein beſonderes Vergnuͤgen daran, wenn ſie uns
mit ſelbſtgefaͤlliger Miene und wohlwollend lauter
Stimme bedeuten: welche große Umwege wir ge¬
macht, in welche Abgruͤnde und Suͤmpfe wir ver¬
ſinken konnten, und welch ein Gluͤck es ſey, daß
wir ſo wegkundige Leute, wie ſie ſind, noch zeitig
angetroffen. Einen ſolchen Berichtiger fand ich
unweit der Harzburg. Es war ein wohlgenaͤhrter
Buͤrger von Goslar, ein glaͤnzend wampiges,
dummkluges Geſicht; er ſah aus, als habe er
die Viehſeuche erfunden. Wir gingen eine
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[179/0191] ſenthal blitzte wie eine diamantenbeſaͤete Golddecke, und der Hirt ſchritt daruͤber hin mit ſeiner laͤuten¬ den Heerde. Ich mochte mich wohl eigentlich ver¬ irrt haben. Man ſchlaͤgt immer Seitenwege und Fußſteige ein, und glaubt dadurch naͤher zum Ziele zu gelangen. Wie im Leben uͤberhaupt, geht's uns auch auf dem Harze. Aber es giebt immer gute Seelen, die uns wieder auf den rechten Weg brin¬ gen; ſie thun es gern, und finden noch obendrein ein beſonderes Vergnuͤgen daran, wenn ſie uns mit ſelbſtgefaͤlliger Miene und wohlwollend lauter Stimme bedeuten: welche große Umwege wir ge¬ macht, in welche Abgruͤnde und Suͤmpfe wir ver¬ ſinken konnten, und welch ein Gluͤck es ſey, daß wir ſo wegkundige Leute, wie ſie ſind, noch zeitig angetroffen. Einen ſolchen Berichtiger fand ich unweit der Harzburg. Es war ein wohlgenaͤhrter Buͤrger von Goslar, ein glaͤnzend wampiges, dummkluges Geſicht; er ſah aus, als habe er die Viehſeuche erfunden. Wir gingen eine Strecke zuſammen, und er erzaͤhlte mir allerlei

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/191>, abgerufen am 04.12.2024.