chen ihre ernsthaften Bärte, und rauchen ruhig ihren türkischen Tabak, aus ihren langen türkischen Pfeifen; -- und bey den Chinesen gar ist es eine ordentliche Lust zuzusehen, wie sie auf den Ruhe¬ stätten ihrer Todten manierlich herumtänzeln, und beten, und Thee trinken, und die Geige spielen, und die geliebten Gräber gar hübsch zu verzieren wissen, mit allerley vergoldetem Lattenwerk, Porze¬ lan-Figürchen, Fetzen von buntem Seidenzeug, künstlichen Blumen, und farbigen Laternchen -- Al¬ les sehr hübsch -- wie weit hab' ich noch bis Qued¬ linburg?"
Der Kirchhof in Goslar hat mich nicht sehr angesprochen. Desto mehr aber jenes wunderschöne Lockenköpfchen, das bey meiner Ankunft in der Stadt aus einem etwas hohen Parterre-Fenster lächelnd heraus schaute. Nach Tische suchte ich wieder das liebe Fenster; aber jetzt stand dort nur ein Wasserglas mit weißen Glockenblümchen. Ich kletterte hinauf, nahm die artigen Blümchen aus dem Glase, steckte sie ruhig auf meine Mütze, und
chen ihre ernſthaften Baͤrte, und rauchen ruhig ihren tuͤrkiſchen Tabak, aus ihren langen tuͤrkiſchen Pfeifen; — und bey den Chineſen gar iſt es eine ordentliche Luſt zuzuſehen, wie ſie auf den Ruhe¬ ſtaͤtten ihrer Todten manierlich herumtaͤnzeln, und beten, und Thee trinken, und die Geige ſpielen, und die geliebten Graͤber gar huͤbſch zu verzieren wiſſen, mit allerley vergoldetem Lattenwerk, Porze¬ lan-Figuͤrchen, Fetzen von buntem Seidenzeug, kuͤnſtlichen Blumen, und farbigen Laternchen — Al¬ les ſehr huͤbſch — wie weit hab' ich noch bis Qued¬ linburg?”
Der Kirchhof in Goslar hat mich nicht ſehr angeſprochen. Deſto mehr aber jenes wunderſchoͤne Lockenkoͤpfchen, das bey meiner Ankunft in der Stadt aus einem etwas hohen Parterre-Fenſter laͤchelnd heraus ſchaute. Nach Tiſche ſuchte ich wieder das liebe Fenſter; aber jetzt ſtand dort nur ein Waſſerglas mit weißen Glockenbluͤmchen. Ich kletterte hinauf, nahm die artigen Bluͤmchen aus dem Glaſe, ſteckte ſie ruhig auf meine Muͤtze, und
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chen ihre ernſthaften Baͤrte, und rauchen ruhig
ihren tuͤrkiſchen Tabak, aus ihren langen tuͤrkiſchen
Pfeifen; — und bey den Chineſen gar iſt es eine
ordentliche Luſt zuzuſehen, wie ſie auf den Ruhe¬
ſtaͤtten ihrer Todten manierlich herumtaͤnzeln, und
beten, und Thee trinken, und die Geige ſpielen,
und die geliebten Graͤber gar huͤbſch zu verzieren
wiſſen, mit allerley vergoldetem Lattenwerk, Porze¬
lan-Figuͤrchen, Fetzen von buntem Seidenzeug,
kuͤnſtlichen Blumen, und farbigen Laternchen — Al¬
les ſehr huͤbſch — wie weit hab' ich noch bis Qued¬
linburg?”
Der Kirchhof in Goslar hat mich nicht ſehr
angeſprochen. Deſto mehr aber jenes wunderſchoͤne
Lockenkoͤpfchen, das bey meiner Ankunft in der
Stadt aus einem etwas hohen Parterre-Fenſter
laͤchelnd heraus ſchaute. Nach Tiſche ſuchte ich
wieder das liebe Fenſter; aber jetzt ſtand dort nur
ein Waſſerglas mit weißen Glockenbluͤmchen. Ich
kletterte hinauf, nahm die artigen Bluͤmchen aus
dem Glaſe, ſteckte ſie ruhig auf meine Muͤtze, und
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/177>, abgerufen am 12.12.2024.
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