sitzt und mühsam mit dem Hammer die Erzstücke aus der Wand heraus klopft. Bis in die unterste Tiefe, wo man, wie Einige behaupten, schon hören kann, wie die Leute in Amerika "Hurrah Lafayette!" schreien, bin ich nicht gekommen; unter uns ge¬ sagt, dort, bis wohin ich kam, schien es mir bereits tief genug: -- immerwährendes Brausen und Sau¬ sen, unheimliche Maschinen-Bewegung, unterir¬ disches Quellen-Geriesel, von allen Seiten herab¬ triefendes Wasser, qualmig aufsteigende Erddünste, und das Grubenlicht immer bleicher hinein flim¬ mernd in die einsame Nacht. Wirklich, es war betäubend, das Athmen wurde mir schwer, und mit Mühe hielt ich mich an den glitschrigen Lei¬ tersprossen. Ich habe keinen Anflug von sogenann¬ ter Angst empfunden, aber, seltsam genug, dort unten in der Tiefe erinnerte ich mich, daß ich im vorigen Jahr, ungefähr um dieselbe Zeit, einen Sturm auf der Nord-See erlebte, und ich meinte jetzt, es sey doch eigentlich recht traulich angenehm, wenn das Schiff hin und her schaukelt, die Winde
ſitzt und muͤhſam mit dem Hammer die Erzſtuͤcke aus der Wand heraus klopft. Bis in die unterſte Tiefe, wo man, wie Einige behaupten, ſchon hoͤren kann, wie die Leute in Amerika „Hurrah Lafayette!“ ſchreien, bin ich nicht gekommen; unter uns ge¬ ſagt, dort, bis wohin ich kam, ſchien es mir bereits tief genug: — immerwaͤhrendes Brauſen und Sau¬ ſen, unheimliche Maſchinen-Bewegung, unterir¬ diſches Quellen-Gerieſel, von allen Seiten herab¬ triefendes Waſſer, qualmig aufſteigende Erdduͤnſte, und das Grubenlicht immer bleicher hinein flim¬ mernd in die einſame Nacht. Wirklich, es war betaͤubend, das Athmen wurde mir ſchwer, und mit Muͤhe hielt ich mich an den glitſchrigen Lei¬ terſproſſen. Ich habe keinen Anflug von ſogenann¬ ter Angſt empfunden, aber, ſeltſam genug, dort unten in der Tiefe erinnerte ich mich, daß ich im vorigen Jahr, ungefaͤhr um dieſelbe Zeit, einen Sturm auf der Nord-See erlebte, und ich meinte jetzt, es ſey doch eigentlich recht traulich angenehm, wenn das Schiff hin und her ſchaukelt, die Winde
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ſitzt und muͤhſam mit dem Hammer die Erzſtuͤcke
aus der Wand heraus klopft. Bis in die unterſte
Tiefe, wo man, wie Einige behaupten, ſchon hoͤren
kann, wie die Leute in Amerika „Hurrah Lafayette!“
ſchreien, bin ich nicht gekommen; unter uns ge¬
ſagt, dort, bis wohin ich kam, ſchien es mir bereits
tief genug: — immerwaͤhrendes Brauſen und Sau¬
ſen, unheimliche Maſchinen-Bewegung, unterir¬
diſches Quellen-Gerieſel, von allen Seiten herab¬
triefendes Waſſer, qualmig aufſteigende Erdduͤnſte,
und das Grubenlicht immer bleicher hinein flim¬
mernd in die einſame Nacht. Wirklich, es war
betaͤubend, das Athmen wurde mir ſchwer, und
mit Muͤhe hielt ich mich an den glitſchrigen Lei¬
terſproſſen. Ich habe keinen Anflug von ſogenann¬
ter Angſt empfunden, aber, ſeltſam genug, dort
unten in der Tiefe erinnerte ich mich, daß ich im
vorigen Jahr, ungefaͤhr um dieſelbe Zeit, einen
Sturm auf der Nord-See erlebte, und ich meinte
jetzt, es ſey doch eigentlich recht traulich angenehm,
wenn das Schiff hin und her ſchaukelt, die Winde
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/159>, abgerufen am 29.11.2024.
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