mediceischen Venus neben einander stehen, und ich stürzte zu den Füßen der Schönheitsgöttin, in ih¬ rem Anblick vergaß ich all das wüste Treiben, dem ich entronnen, meine Augen tranken entzückt das Ebenmaß und die ewige Lieblichkeit ihres hochge¬ benedeiten Leibes, griechische Ruhe zog durch meine Seele, und über mein Haupt, wie himm¬ lischen Seegen, goß seine süßesten Lyraklänge Phö¬ bus Apollo.
Erwachend hörte ich noch immer ein freundli¬ ches Klingen. Die Heerden zogen auf die Weide und es läuteten ihre Glöckchen. Die liebe, gol¬ dene Sonne schien durch das Fenster und beleuch¬ tete die Schildereyen an den Wänden des Zim¬ mers. Es waren Bilder aus dem Befreyungs¬ kriege, worauf treu dargestellt stand, wie wir alle Helden waren, dann auch Hinrichtungs-Scenen aus der Revolutionszeit, Ludwig XVI. auf der Guillo¬ tine, und ähnliche Kopfabschneidereyen, die man gar nicht ansehen kann, ohne Gott zu danken, daß man ruhig im Bette liegt, und guten Kaffee trinkt
mediceiſchen Venus neben einander ſtehen, und ich ſtuͤrzte zu den Fuͤßen der Schoͤnheitsgoͤttin, in ih¬ rem Anblick vergaß ich all das wuͤſte Treiben, dem ich entronnen, meine Augen tranken entzuͤckt das Ebenmaß und die ewige Lieblichkeit ihres hochge¬ benedeiten Leibes, griechiſche Ruhe zog durch meine Seele, und uͤber mein Haupt, wie himm¬ liſchen Seegen, goß ſeine ſuͤßeſten Lyraklaͤnge Phoͤ¬ bus Apollo.
Erwachend hoͤrte ich noch immer ein freundli¬ ches Klingen. Die Heerden zogen auf die Weide und es laͤuteten ihre Gloͤckchen. Die liebe, gol¬ dene Sonne ſchien durch das Fenſter und beleuch¬ tete die Schildereyen an den Waͤnden des Zim¬ mers. Es waren Bilder aus dem Befreyungs¬ kriege, worauf treu dargeſtellt ſtand, wie wir alle Helden waren, dann auch Hinrichtungs-Scenen aus der Revolutionszeit, Ludwig XVI. auf der Guillo¬ tine, und aͤhnliche Kopfabſchneidereyen, die man gar nicht anſehen kann, ohne Gott zu danken, daß man ruhig im Bette liegt, und guten Kaffee trinkt
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mediceiſchen Venus neben einander ſtehen, und ich
ſtuͤrzte zu den Fuͤßen der Schoͤnheitsgoͤttin, in ih¬
rem Anblick vergaß ich all das wuͤſte Treiben, dem
ich entronnen, meine Augen tranken entzuͤckt das
Ebenmaß und die ewige Lieblichkeit ihres hochge¬
benedeiten Leibes, griechiſche Ruhe zog durch
meine Seele, und uͤber mein Haupt, wie himm¬
liſchen Seegen, goß ſeine ſuͤßeſten Lyraklaͤnge Phoͤ¬
bus Apollo.
Erwachend hoͤrte ich noch immer ein freundli¬
ches Klingen. Die Heerden zogen auf die Weide
und es laͤuteten ihre Gloͤckchen. Die liebe, gol¬
dene Sonne ſchien durch das Fenſter und beleuch¬
tete die Schildereyen an den Waͤnden des Zim¬
mers. Es waren Bilder aus dem Befreyungs¬
kriege, worauf treu dargeſtellt ſtand, wie wir alle
Helden waren, dann auch Hinrichtungs-Scenen aus
der Revolutionszeit, Ludwig XVI. auf der Guillo¬
tine, und aͤhnliche Kopfabſchneidereyen, die man
gar nicht anſehen kann, ohne Gott zu danken, daß
man ruhig im Bette liegt, und guten Kaffee trinkt
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/142>, abgerufen am 27.11.2024.
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