wenn er mich nicht zu Hause fand, immer so gütig war, die Citation mit Kreide auf meine Stuben¬ thür zu schreiben. Dann und wann rollte auch ein Einspänner vorüber, wohlbepackt mit Studen¬ ten, die für die Ferienzeit, oder auch für immer wegreisten. In solch einer Universitätstadt ist ein beständiges Kommen und Abgehn, alle drey Jahre findet man dort eine neue Studentengeneration, das ist ein ewiger Menschenstrom, wo eine Se¬ mesterwelle die andere fortdrängt, und nur die alten Professoren bleiben stehen in dieser allgemeinen Bewegung, unerschütterlich fest, gleich den Pyra¬ miden Egyptens -- nur daß in diesen Universitäts- Pyramiden nicht immer Weisheit verborgen ist.
Aus den Myrthenlauben bey Rauschenwasser sah ich zwey hoffnungsvolle Jünglinge hervorrei¬ ten. Ein Weibsbild, das dort sein horizontales Handwerk treibt, gab ihnen bis auf die Landstraße das Geleit, klätschelte mit geübter Hand die ma¬ geren Schenkel der Pferde, lachte laut auf, als der eine Reuter ihr hinten, auf die breite Spon¬
wenn er mich nicht zu Hauſe fand, immer ſo guͤtig war, die Citation mit Kreide auf meine Stuben¬ thuͤr zu ſchreiben. Dann und wann rollte auch ein Einſpaͤnner voruͤber, wohlbepackt mit Studen¬ ten, die fuͤr die Ferienzeit, oder auch fuͤr immer wegreiſten. In ſolch einer Univerſitaͤtſtadt iſt ein beſtaͤndiges Kommen und Abgehn, alle drey Jahre findet man dort eine neue Studentengeneration, das iſt ein ewiger Menſchenſtrom, wo eine Se¬ meſterwelle die andere fortdraͤngt, und nur die alten Profeſſoren bleiben ſtehen in dieſer allgemeinen Bewegung, unerſchuͤtterlich feſt, gleich den Pyra¬ miden Egyptens — nur daß in dieſen Univerſitaͤts- Pyramiden nicht immer Weisheit verborgen iſt.
Aus den Myrthenlauben bey Rauſchenwaſſer ſah ich zwey hoffnungsvolle Juͤnglinge hervorrei¬ ten. Ein Weibsbild, das dort ſein horizontales Handwerk treibt, gab ihnen bis auf die Landſtraße das Geleit, klaͤtſchelte mit geuͤbter Hand die ma¬ geren Schenkel der Pferde, lachte laut auf, als der eine Reuter ihr hinten, auf die breite Spon¬
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wenn er mich nicht zu Hauſe fand, immer ſo guͤtig
war, die Citation mit Kreide auf meine Stuben¬
thuͤr zu ſchreiben. Dann und wann rollte auch
ein Einſpaͤnner voruͤber, wohlbepackt mit Studen¬
ten, die fuͤr die Ferienzeit, oder auch fuͤr immer
wegreiſten. In ſolch einer Univerſitaͤtſtadt iſt ein
beſtaͤndiges Kommen und Abgehn, alle drey Jahre
findet man dort eine neue Studentengeneration,
das iſt ein ewiger Menſchenſtrom, wo eine Se¬
meſterwelle die andere fortdraͤngt, und nur die alten
Profeſſoren bleiben ſtehen in dieſer allgemeinen
Bewegung, unerſchuͤtterlich feſt, gleich den Pyra¬
miden Egyptens — nur daß in dieſen Univerſitaͤts-
Pyramiden nicht immer Weisheit verborgen iſt.
Aus den Myrthenlauben bey Rauſchenwaſſer
ſah ich zwey hoffnungsvolle Juͤnglinge hervorrei¬
ten. Ein Weibsbild, das dort ſein horizontales
Handwerk treibt, gab ihnen bis auf die Landſtraße
das Geleit, klaͤtſchelte mit geuͤbter Hand die ma¬
geren Schenkel der Pferde, lachte laut auf, als
der eine Reuter ihr hinten, auf die breite Spon¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/133>, abgerufen am 22.12.2024.
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