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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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näher kam, bemerkte ich unter den Wallfahrtern
meinen Schulkameraden mit seiner alten Mutter.
Diese führte ihn. Er aber sah sehr blaß und
krank aus.


Ich durfte diese Notiz nicht von dem Gedichte
trennen, weil beyde zugleich entstanden, schon ein¬
mal zusammen abgedruckt worden, und dadurch
gleichsam verwachsen sind. Auf keinen Fall will
ich irgend eine Vorneigung andeuten, eben so
wenig, wie irgend eine Abneigung durch das vor¬
hergehende Gedicht ausgesprochen werden soll. Die¬
ses, Almansor überschrieben, wird im Romane, dem
es entlehnt ist, von einem Mauren, einem unmu¬
thigen Bekenner des Islams, gedichtet und gesun¬
gen. "Und wahrlich" -- so spricht ein englischer
Schriftsteller -- "wie Gott, der Urschöpfer, stehe
auch der Dichter, der Nachschöpfer, partheylos er¬
haben über allem Sektengeklätsche dieser Erde."


naͤher kam, bemerkte ich unter den Wallfahrtern
meinen Schulkameraden mit ſeiner alten Mutter.
Dieſe fuͤhrte ihn. Er aber ſah ſehr blaß und
krank aus.


Ich durfte dieſe Notiz nicht von dem Gedichte
trennen, weil beyde zugleich entſtanden, ſchon ein¬
mal zuſammen abgedruckt worden, und dadurch
gleichſam verwachſen ſind. Auf keinen Fall will
ich irgend eine Vorneigung andeuten, eben ſo
wenig, wie irgend eine Abneigung durch das vor¬
hergehende Gedicht ausgeſprochen werden ſoll. Die¬
ſes, Almanſor uͤberſchrieben, wird im Romane, dem
es entlehnt iſt, von einem Mauren, einem unmu¬
thigen Bekenner des Islams, gedichtet und geſun¬
gen. „Und wahrlich“ — ſo ſpricht ein engliſcher
Schriftſteller — „wie Gott, der Urſchoͤpfer, ſtehe
auch der Dichter, der Nachſchoͤpfer, partheylos er¬
haben uͤber allem Sektengeklaͤtſche dieſer Erde.“


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[110/0122] naͤher kam, bemerkte ich unter den Wallfahrtern meinen Schulkameraden mit ſeiner alten Mutter. Dieſe fuͤhrte ihn. Er aber ſah ſehr blaß und krank aus. Ich durfte dieſe Notiz nicht von dem Gedichte trennen, weil beyde zugleich entſtanden, ſchon ein¬ mal zuſammen abgedruckt worden, und dadurch gleichſam verwachſen ſind. Auf keinen Fall will ich irgend eine Vorneigung andeuten, eben ſo wenig, wie irgend eine Abneigung durch das vor¬ hergehende Gedicht ausgeſprochen werden ſoll. Die¬ ſes, Almanſor uͤberſchrieben, wird im Romane, dem es entlehnt iſt, von einem Mauren, einem unmu¬ thigen Bekenner des Islams, gedichtet und geſun¬ gen. „Und wahrlich“ — ſo ſpricht ein engliſcher Schriftſteller — „wie Gott, der Urſchoͤpfer, ſtehe auch der Dichter, der Nachſchoͤpfer, partheylos er¬ haben uͤber allem Sektengeklaͤtſche dieſer Erde.“

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/122>, abgerufen am 25.11.2024.