Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.Vater, Mutter schnarchen leise In dem nahen Schlafgemach, Doch wir beide, selig schwatzend, Halten uns einander wach. "Daß du gar zu oft gebetet, Das zu glauben wird mir schwer, Jenes Zucken deiner Lippen Kommt wohl nicht vom Beten her. "Jenes böse, kalte Zucken, Das erschreckt mich jedesmal, Doch die dunkle Angst beschwichtigt Deiner Augen frommer Strahl. "Auch bezweifl' ich, daß du glaubest, Was so rechter Glauben heißt, Glaubst wohl nicht an Gott den Vater, An den Sohn und heil'gen Geist?" -- Ach, mein Kindchen, schon als Knabe,
Als ich saß auf Mutters Schooß, Glaubte ich an Gott den Vater, Der da waltet gut und groß; Vater, Mutter ſchnarchen leiſe In dem nahen Schlafgemach, Doch wir beide, ſelig ſchwatzend, Halten uns einander wach. „Daß du gar zu oft gebetet, Das zu glauben wird mir ſchwer, Jenes Zucken deiner Lippen Kommt wohl nicht vom Beten her. „Jenes böſe, kalte Zucken, Das erſchreckt mich jedesmal, Doch die dunkle Angſt beſchwichtigt Deiner Augen frommer Strahl. „Auch bezweifl' ich, daß du glaubeſt, Was ſo rechter Glauben heißt, Glaubſt wohl nicht an Gott den Vater, An den Sohn und heil'gen Geiſt?“ — Ach, mein Kindchen, ſchon als Knabe,
Als ich ſaß auf Mutters Schooß, Glaubte ich an Gott den Vater, Der da waltet gut und groß; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0300" n="292"/> <lg n="2"> <l>Vater, Mutter ſchnarchen leiſe</l><lb/> <l>In dem nahen Schlafgemach,</l><lb/> <l>Doch wir beide, ſelig ſchwatzend,</l><lb/> <l>Halten uns einander wach.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>„Daß du gar zu oft gebetet,</l><lb/> <l>Das zu glauben wird mir ſchwer,</l><lb/> <l>Jenes Zucken deiner Lippen</l><lb/> <l>Kommt wohl nicht vom Beten her.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>„Jenes böſe, kalte Zucken,</l><lb/> <l>Das erſchreckt mich jedesmal,</l><lb/> <l>Doch die dunkle Angſt beſchwichtigt</l><lb/> <l>Deiner Augen frommer Strahl.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>„Auch bezweifl' ich, daß du glaubeſt,</l><lb/> <l>Was ſo rechter Glauben heißt,</l><lb/> <l>Glaubſt wohl nicht an Gott den Vater,</l><lb/> <l>An den Sohn und heil'gen Geiſt?“ —</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Ach, mein Kindchen, ſchon als Knabe,</l><lb/> <l>Als ich ſaß auf Mutters Schooß,</l><lb/> <l>Glaubte ich an Gott den Vater,</l><lb/> <l>Der da waltet gut und groß;</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0300]
Vater, Mutter ſchnarchen leiſe
In dem nahen Schlafgemach,
Doch wir beide, ſelig ſchwatzend,
Halten uns einander wach.
„Daß du gar zu oft gebetet,
Das zu glauben wird mir ſchwer,
Jenes Zucken deiner Lippen
Kommt wohl nicht vom Beten her.
„Jenes böſe, kalte Zucken,
Das erſchreckt mich jedesmal,
Doch die dunkle Angſt beſchwichtigt
Deiner Augen frommer Strahl.
„Auch bezweifl' ich, daß du glaubeſt,
Was ſo rechter Glauben heißt,
Glaubſt wohl nicht an Gott den Vater,
An den Sohn und heil'gen Geiſt?“ —
Ach, mein Kindchen, ſchon als Knabe,
Als ich ſaß auf Mutters Schooß,
Glaubte ich an Gott den Vater,
Der da waltet gut und groß;
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